Saudi-Arabien: Außenpolitik, Militär, Terrorismus

Saudi-Arabien ist ein enger Verbündeter der USA, woran auch der von höchster Stelle verordnete Kashoggi-Mord nichts änderte. Das US-Militär unterhält eine große Basis am Persischen Golf. Zu den meisten westlichen Staaten incl. BRD werden enge wirtschaftliche Beziehungen unterhalten. Mehrere hundert deutsche Firmen sind in Saudi-Arabien tätig, darunter Konzerne wie Siemens oder Bayer. Deutschland gehört zu den fünf wichtigsten Lieferländern der Saudis.

Für einige Jahre wurden aus Deutschland in großem Umfang Rüstungsgüter nach Saudi-Arabien exportiert, allein 2012 wurden Lieferungen im Wert von 1,2 Milliarden Euro genehmigt, noch 2016 waren es Rüstungsgüter für fast 500 Millionen. Begründung: Das Land habe in der Region eine „stabilisierende Funktion“. Wegen der Beteiligung des Landes am Krieg in Jemen sowie nach dem Mord an Kashoggi wurden Waffenexporte vorerst nicht mehr genehmigt. Doch schon 2022 erlaubte die Bundesregierung eine kleinere Lieferung von Komponenten für Kampfflugzeuge an Riad, und im ersten Halbjahr 2023 wurden Ausfuhrgenehmigungen über knapp 900.000 Euro erteilt.

Aktuell (Juli 2023) wird sogar überlegt, die Lieferung von 48 Eurofightern zu genehmigen. Saudi-Arabien verfügt bereits über 72 solcher Maschinen, die auch im Bürgerkrieg in Jemen zum Einsatz kommen, wobei auch Zivilisten sterben. Das saudische Regime hatte sich bereits vor fünf Jahren mit dem britischen Rüstungskonzern BAE Systems auf die Lieferung der 48 neuen Kampfflieger geeinigt, doch da Komponenten aus Deutschland benötigt werden, muss die Bundesregierung zustimmen. Nach Presseberichten tendieren Bundeskanzler Scholz und Finanzminister Lindner dazu, die Genehmigung zu erteilen.

Mit 63 Milliarden US-Dollar hatte Saudi-Arabien 2016 die weltweit vierthöchsten Militärausgaben (hinter USA, China und Russland). Ein Grund für die hohen Ausgaben ist die Beteiligung am Krieg im Jemen. Dort kämpfen seit 2004 sunnitische Stammesmilzen sowie Teile der jemenitischen Armee gegen schiitische Huthi-Rebellen, die ebenfalls von Teilen der Armee unterstützt werden. Seit 2015 läuft eine Militärintervention einer von Saudi-Arabien angeführten Allianz, die von anderen sunnitisch regierten Staaten mitgetragen sowie von USA, Frankreich und Großbritannien logistisch unterstützt wird. Die Huthis wiederum werden (zumindest) finanziell stark vom Iran unterstützt, wodurch der ehemalige Bürgerkrieg zu einem Stellvertreterkrieg geworden ist.

Die Opferzahlen können kaum geschätzt werden. Allein in den ersten sieben Monaten der Intervention 2015 starben nach NGO-Angaben 4.500 Zivilist:innen, Zehntausende wurden vertrieben, hauptsächlich infolge saudischer Luftangriffe. Die saudisch geführte Militärkoalition wurde beschuldigt, Streubomben einzusetzen, bei ihren Luftangriffen keinerlei Rücksicht auf zivile Opfer zu nehmen und Krankenhäuser zu attackieren. Die Seeblockade der saudisch geführten Militärkoalition für das ganze Land wurde für akute Versorgungsprobleme der Bevölkerung verantwortlich gemacht, von der 80 Prozent auf humanitäre Hilfe angewiesen waren, deren Verteilung durch die Blockaden und die rücksichtslose Kriegführung behindert wurde.

Die Dimensionen des Krieges können auch an den Kosten erahnt werden. Die Kosten der Luft-, Land- und Seeoperationen der saudisch geführten Militärintervention (über deren Aufgliederung allerdings keine offiziellen Angaben vorlagen) wurden Ende 2015 von Experten auf täglich 200 Millionen (monatlich 6 Milliarden Euro) geschätzt, von denen der Löwenanteil nach Vermutungen von Beobachtern von Saudi-Arabien aufgebracht wurde.  

Einen Grund für die Beteiligung Saudi-Arabiens am Krieg beschreibt ARD-Korrespondent Alexander Stenzel so: Saudi-Arabien befürchte im Falle weiterer Erfolge der Huthi-Rebellen, dass auch die Schiiten im Süden Saudi-Arabiens das Ziel verfolgen könnten, einen eigenen Staat zu gründen. Die südöstlichen Küstengebiete Saudi-Arabiens, deren Erdölvorkommen maßgeblich zum Wohlstand des Landes beitragen, haben eine mehrheitlich schiitische Bevölkerung, die sich von der sunnitischen Zentralregierung in Riad stark benachteiligt sieht.

Auch beim Krieg in Syrien hatten Saudi-Arabien und Iran sich eingemischt, als Unterstützer von (mal sunnitischen, mal schiitischen) militanten Islamisten. Der Islamexperte Wilfried Buchta erklärt: „Saudi-Arabien hat Dutzende von sunnitischen Gruppierungen salafistischer oder dschihadistischer Orientierung unter seinem Einfluss.“ Buchta sieht vor allem eine ideologische Nähe zum Islamischen Staat (IS): „Saudi-Arabiens Ideologie ist zu 98 Prozent identisch mit der Ideologie des IS. Was den IS von der saudischen wahhabitischen Ideologie unterscheidet, ist die Befürwortung der Monarchie. Die Wahhabiten in Saudi-Arabien halten an diesem alten Pakt zwischen wahhabitischem Staatsklerus auf der einen Seite und dem saudischen Königshaus fest und legitimieren die Monarchie in Saudi-Arabien. Und der IS hat sein eigenes ideologisches Konzept, nämlich das des Kalifats. Beide Konzepte sind unvereinbar, aber ansonsten ist die Ideologie, das heißt eine Ideologie, die auf Ausgrenzung nichtmuslimischer Minderheiten zielt und auf Abgrenzung gegenüber dem Westen, die gleiche.“ Sein Fazit: „Wir unterschätzen die Möglichkeiten, die Saudi-Arabien hat, durch den massiven Export ihrer wahhabistischen Spielart des Islam. Dieser Einfluss reicht bis nach Indonesien, bis auf die Bahamas, zu allen möglichen muslimischen Auslandsgemeinschaften überall in der Welt, in Europa, in Afrika, in Asien.“