Politik und Menschenrechte in Saudi-Arabien

 

 „Jegliche Diskriminierung eines Landes, einer Einzelperson oder von Personengruppen aufgrund von Hautfarbe, ethnischer, nationaler oder sozialer Herkunft, Geschlecht, Behinderung, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Anschauung, Vermögen, Geburt oder sonstigem Stand, sexueller Orientierung oder aus einem anderen Grund ist unter Androhung der Suspendierung oder des Ausschlusses verboten.“ (FIFA-Statut, Artikel 4)

„Alle unsere Drittparteien müssen bei ihrer Arbeit für die FIFA die Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte der Vereinten Nationen einhalten.“ (Aus dem FIFA-Verhaltenskodex für alle Drittparteien vom März 2021)

Saudi-Arabien, Gastgeber der diesjährigen Klub-Weltmeisterschaft und Bewerber um die WM 2030, dürfte zweifellos in die Kategorie „Drittpartei“ fallen. Ebenso zweifellos verstößt der Staat allerdings gegen die oben zitierten Leitlinien der FIFA. Strenggenommen dürfte Saudi-Arabien gar kein FIFA-Mitglied sein. Zumindest aber nicht Gastgeber irgendwelcher FIFA-Veranstaltungen.

 

Politisches System

Saudi-Arabien ist eine absolutistische Monarchie, die von der Familie des Staatsgründers Saud regiert wird. Der König (Malik) verfügt als „Führer und Überwacher der Politik der Nation“ faktisch über eine diktatorische Machtfülle. Es existiert keine Verfassung außer dem Koran. Bei Rücktritt oder Tod des Königs entscheiden die führenden Mitglieder der Herrscherfamilie über die Nachfolge, wobei sie sich mit religiösen Führern (Ulema) abstimmen müssen.

Parteien und Gewerkschaften sind in Saudi-Arabien verboten. Nationale Wahlen gibt es nicht, ebenso wenig eine Trennung zwischen Legislative und Exekutive. Statt eines Parlaments existiert ein Beratendes Gremium, dessen Mitglieder vom König bestimmt werden. Es hat keinerlei gesetzgeberischen Befugnisse. Auch die Minister werden vom König ernannt; meist handelt es sich um Mitglieder der Herrscherfamilie. Ebenso benennt der König die Richter. Immerhin: Seit 2005 gibt es Wahlen auf regionaler und kommunaler Ebene, an denen seit 2015 auch Frauen teilnehmen dürfen.

Der Demokratieindex des „Economist“ führte Saudi-Arabien 2022 als „autoritäres Regime“ an Platz 150 (von 167). Bewertet werden dabei beispielsweise Wahlprozesse oder Bürgerrechte. Die Organisation Freedom House schätzte das Land 2023 (wie die Jahre zuvor) als „nicht frei“ ein. Sowohl bezüglich der „politischen Rechte“ wie der „Freiheitsrechte“ wurde es in die schlechteste Kategorie (Nr. 7 – Geringste Freiheit) eingestuft.

 

Menschenrechte

Saudi-Arabien zählt weltweit zu den Staaten mit den schlimmsten Menschenrechts-verletzungen. Die UN-Charta der Menschenrechte von 1948 wurde von Saudi-Arabien nicht unterzeichnet, da sie mit der Scharia nicht vereinbar sei. Saudi-Arabien ist der Arabischen Menschenrechtscharta beigetreten. Diese bezieht sich auf die „Kairoer Erklärung der Menschenrechte im Islam“, welche die Gewährung von Menschenrechten grundsätzlich unter den Vorbehalt der Scharia stellt. 

Die Tätigkeit von Menschenrechtsorganisationen ist verboten. Laut Amnesty International werden Aktivist:innen willkürlich inhaftiert, zu oft mehrjährigen Gefängnisstrafen verurteilt, während der Haft schikaniert und nach ihrer Freilassung mit Reiseverbot belegt. Seit 2008 existiert ein spezielles Sonderstrafgericht, das sich mit Vergehen gegen die Staatssicherheit befasst, insbesondere aufgrund politischer Opposition. Anklagen lauten beispielsweise auf „Verletzung der Treuepflicht gegenüber dem Herrscher“, „Anstiftung zum Aufruhr“ oder „Störung der öffentlichen Ordnung durch Teilnahme an Protestmärschen“ etc. Mit diesen Sondergerichten eng verbunden ist die Tätigkeit des Inlandsgeheimdienstes Mabahith, dem Menschenrechtsorganisationen willkürliche und rechtswidrige Verhaftungen vorwerfen. Er unterhält ein eigenes Gefängnis, in dem Terroristen, aber auch Regimegegner:innen und kritische Journalist:innen oft für unbegrenzte Zeit festgehalten und von der Außenwelt isoliert werden.

 

Meinungsfreiheit existiert faktisch nicht. Allein im Jahr 2022 registrierte Amnesty international zahlreiche Fälle, in denen für kritische Äußerungen auf Twitter oder für die Teilnahme an friedlichen Versammlungen Haftstrafen zwischen 10 und 45 Jahren verhängt wurden. Die Menschenrechtsorganisation stuft die Verfahren als „grob unfair“ ein, teilweise wurden Personen verurteilt, die zum Zeitpunkt der „Tat“ noch minderjährig waren.

Beispielsweise wurde im Sommer 2022 nach einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ Nura al-Kahtani zu 45 Jahren Gefängnis verurteilt, weil sie durch einen kritischen Twitter-Eintrag die „öffentliche Ordnung“ und das „soziale Gefüge“ verletzt habe. Auch die Frauenrechtlerin Salma al-Shehab, die in Veröffentlichungen Frauenrechte für ihr Land gefordert hatte, wurde laut Amnesty im August 2022 zu 34 Jahren Gefängnis verurteilt. Das Urteil erging wegen „Störung der öffentlichen Ordnung und Destabilisierung der staatlichen Sicherheit und Stabilität“. Das ursprüngliche Strafmaß von „nur“ sechs Jahren Haft wurde durch ein Sonderstrafgericht drastisch verschärft.

In der Vergangenheit wurde der Fall Raif Badwani bekannt. Er hatte 2008 das Forum „Freie Saudische Liberale“ gegründet, das Reformen anstoßen wollte. Er wurde 2014 in einer Berufungsverhandlung zu zehn Jahren Gefängnis und 20x50 Stockhieben verurteilt; 2022 kam er frei, wurde aber mit einem zehnjährigen Ausreiseverbot belegt. Sein Anwalt Abu al-Khair wurde wegen seiner Tätigkeit als Badwanis Verteidiger zu 15 Jahren Haft mit anschließendem Reiseverbot verurteilt. Weil er Kontakt zu internationalen Organisationen aufgenommen hatte, wurde ihm „Schädigung des Rufs des Staates“ vorgeworfen.

 

Pressefreiheit gibt es nicht. In der Rangliste der Pressefreiheit, die Reporter ohne Grenzen Anfang 2023 veröffentlicht hat, rangiert Saudi-Arabien auf Platz 166 (von 180), noch hinter Afghanistan. Es ist dort traditionell in die schlimmste Kategorie eingestuft: „sehr ernst“. 

Oppositionelle Zeitungen sind nicht zugelassen. Wer sich im Internet und in den Sozialen Medien kritisch über die Situation im Land äußert, riskiert hohe Gefängnisstrafen – siehe oben. „Streng überwacht“ werden nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes auch die Internet-Aktivitäten von Tourist:innen.

Berühmt wurde der Fall des Journalisten Jamal Khashoggi, der zunächst als Direktor der saudi-arabischen Tageszeitung „Al-Watan“ arbeitete, sich zu einem Kritiker des Systems entwickelte und im US-amerikanischen Exil für die „Washington Post“ schrieb. Er verschwand im Oktober 2018 im saudi-arabischen Generalkonsulat von Istanbul. Es gilt als erwiesen, dass Kronprinz Mohammed bin Salman seinen Mord angeordnet hat. Khashoggi wurde vermutlich erst verhört und gefoltert, dann ermordet. 

Nach der Tat verhängten einige westliche Staaten zunächst Sanktionen gegen Teile der Herrscherfamilie und auch den Kronprinzen. Nachdem Salman 2022 von seinem Vater zum Premierminister ernannt worden war, billigten die USA ihm Immunität zu. Im Juli 2022 besuchte US-Präsident Biden das Land und unterstrich die strategische Partnerschaft zwischen Saudi-Arabien und den USA. Laut Einschätzung von Menschenrechtsorganisationen ermutigte diese „Rehabilitierung“ das saudische Regime, gegen Kritiker:innen härter vorzugehen.

 

Religionsfreiheit ist stark eingeschränkt. Es darf ausschließlich der sunnitische Islam in Form des konservativen Wahhabismus praktiziert werden. Auch der schiitische Islam und seine Bräuche dürfen nicht offen ausgeübt werden. Der Übertritt zu einer anderen Religion wird mit Todesstrafe bedroht.

Die Einrichtung von Kirchen oder Synagogen sowie eine Missionierung für andere Religionen – wozu schon Gespräche beispielsweise über das Christentum zählen – sind verboten. Nicht einmal der Besitz einer Bibel, Kreuzes, Rosenkranzes oder nur von Christbaumschmuck ist saudischen Bürger:innen erlaubt. Ausländer:innen dürfen im privaten Rahmen jedoch ihre Religion ausüben. Im Land lebende Juden/Jüdinnen gibt es kaum, sie dürfen aber einreisen, sofern sie keine Israelis sind.

Auf dem Index der Christenverfolgung der Organisation Open Doors (mit dem „Spitzenreiter“ Nordkorea) rangiert Saudi-Arabien aktuell auf Platz 13. Es ist nicht bekannt, wie viele Einheimische sich zum Christentum bekennen, da sie ihren Glauben geheim halten. Von den Ausländer:innen im Land sind rund 1,2 Millionen Christ:innen, überwiegend Arbeitsmigrant:innen aus den Philippinen.

 

Frauenrechte sind in Saudi-Arabien stark eingeschränkt, auch wenn sich die Situation in den vergangenen Jahren leicht verbessert hat. Inzwischen genießen Frauen Reisefreiheit, zuvor benötigten sie eine Genehmigung durch den männlichen Vormund. Es sind auch zunehmend Frauen berufstätig; unter Studierenden stellen Frauen sogar die Mehrheit. Bilder von modernen, berufstätigen Frauen sollen beitragen, das Image des Staates international zu verbessern. Prototyp ist Mona Abu Suleyman, Direktorin der Stiftung Kingdom Holding, Vorsitzende des Weltwirtschaftsform in Dschidda, geschieden, Mutter einer Tochter.

Doch auch im aktuellen Ranking des Global Gender Gap liegt Saudi-Arabien nur auf Platz 131 von 146. Denn bei den meisten Entscheidungen unterliegt die Frau weiterhin der männlichen Vormundschaft, bis zur Heirat meist Vater oder Brüder, in der Ehe der Mann. Die Wahl des Ehepartners sowie (nicht mehr gesetzlich, aber in den meisten Fällen faktisch) der Entschluss zum Studium und für einen Beruf sind von der Zustimmung des Vormunds abhängig. Dies gilt gesetzlich auch, wenn Frauen bestimmte Formen der sexuellen und reproduktiven Gesundheitsversorgung in Anspruch nehmen wollen. Ebenso bedürfen Rechtsgeschäfte der Zustimmung des Vormunds.

Nur in Ausnahmefällen kann sich eine Frau von der Vormundschaft befreien bzw. sich von ihrem Mann scheiden lassen. Dafür muss sie nachweisen, dass der Vormund sie misshandelt, gequält, vergewaltigt oder zu Taten gezwungen hat, die mit dem Islam unvereinbar sind, beispielsweise Prostitution.

Innerhalb einer Ehe ist die Frau verpflichtet, ihrem Mann zu gehorchen. Laut Amnesty international herrscht die absurde Situation, dass eine Frau, die von häuslicher Gewalt betroffen ist, die Erlaubnis ihres Vormunds braucht, um ihren ehelichen Wohnsitz zu verlassen. Kinderheirat und Polygamie sind noch immer gängige Praxis. Im Fall einer Scheidung bleibt der Vater in jedem Fall Erziehungsberechtigter, während der Frau nur das Sorgerecht zukommt. Sie muss sich also um das Kind kümmern, die Entscheidungen trifft aber der Mann.

Im gesamten öffentlichen Raum gilt, dass Frauen keinen Kontakt zu nichtverwandten Männern haben dürfen. Diese Regelung führt dazu, dass in vielen Bereichen Männer und Frauen getrennt anzutreffen sind, z.B. in Bussen, Einkaufscentern oder Restaurants. An der Universität müssen Studentinnen die Vorlesungen männlicher Dozenten am Bildschirm verfolgen. Generell müssen Frauen Kopftücher und bodenlange Gewänder tragen. 2002 starben in Mekka 15 Mädchen, die aus einer brennenden Schule nicht unverschleiert ins Freie gelassen wurden. Human Rights Watch benennt Fälle, in denen Frauen ums Leben kamen, weil ihnen die Hilfe durch männliche Sanitäter oder Notärzte verwehrt blieb.

Seit einigen Jahren dürfen Frauen selber Autofahren und machen dies auch verbreitet. Die Aktivistin, die sich öffentlich dafür eingesetzt hatte, Loujain al-Hathlul, wurde allerdings 2018 von saudischen Agenten aus Dubai entführt, in Saudi-Arabien gefoltert und zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. (Aufgrund internationaler Protest kam sie nach einem Jahr frei, darf aber weitere fünf Jahre das Land nicht verlassen.). Die Repression gegen sie ist symptomatisch: Frauenrechte werden zwar allmählich verbessert, doch engagierte Feministinnen, die dafür z.B. im Internet kämpfen, werden immer strengeren Sanktionen unterworfen – siehe oben, das Beispiel Salma al-Shehab.

Im Mai 2018 wurden bei einer Verhaftungswelle zahlreiche Aktivistinnen willkürlich festgenommen. Laut Amnesty International gibt es drei unabhängige Zeugenaussagen, nach denen die Frauen „wiederholt mit Stromschlägen und Schlägen gefoltert worden seien. Manche von ihnen konnten anschließend kaum mehr gehen oder stehen. In einem Fall soll eine Aktivistin an der Decke aufgehängt worden sein, eine weitere Aussage besagt, dass eine der festgehaltenen Frauen wiederholt sexualisierten Übergriffen durch Vernehmungsbeamte ausgesetzt worden sei, die Gesichtsmasken trugen.“ Eine der Frauen versuchte sich anschließend das Leben zu nehmen.

 

LGBQT*-Communities gibt es nicht in Saudi-Arabien, denn alles außer heterosexuellen Beziehungen ist untersagt. Eine islamische Religionspolizei, das sogenannte „Komitee für die Verbreitung von Tugendhaftigkeit und Verhinderung von Lastern“, überwacht das gesellschaftliche Leben.

Die Ausübung von Homosexualität wird schlimmstenfalls mit der Todesstrafe geahndet; vier Fälle von Hinrichtungen sind bekannt. Üblicher ist die Verhängung von Gefängnisstrafen oder Auspeitschung. Ende 2007 wurden zwei Männer wegen homosexuellen Geschlechtsverkehrs zu jeweils 7.000 Peitschenhieben verurteilt

2020 verurteilte ein saudisches Gericht einen jemenitischen Blogger, der als Migrant in Riad lebte, weil er auf Twitter ein Video gepostet hatte, in dem er sagt: „LGBT-Personen verdienen Rechte“. Nach Angaben von Human Rights Watch wurde er wegen „Nachahmung von Frauen“ zu zehn Monaten Gefängnis verurteilt, in Einzelhaft gehalten und geschlagen, damit er gesteht, homosexuell zu sein.

 

Folter und Todesstrafe

Saudi-Arabien war 2022 weltweit das Land mit der dritthöchsten Zahl an Hinrichtungen (hinter China und Iran). Es wurden 196 Hinrichtungen vollzogen, darunter mindestens drei gegen Männer, die zum Zeitpunkt der angeblichen Verbrechen noch keine 18 Jahre alt waren. Im März 2022 bestätigte ein Strafgericht das Todesurteil gegen Abdullah al-Huwaiti, der zum Zeitpunkt seiner Festnahme 14 Jahre alt war. Unter Zwang hatte er bewaffnete Raubüberfälle und einen Mord gestanden.

Allein an einem einzigen Tag, am 12. März 2022, wurden 81 Hinrichtungen vollzogen, darunter mehrere aufgrund von politischen „Verbrechen“ („Störung des sozialen Gefüges und des nationalen Zusammenhalts“ bzw. „Teilnahme an und Anstiftung zu Sitzstreiks und Protesten“. Nach Einschätzung von Amnesty waren die meisten Verfahren grob unfair. Die Hälfte der Hingerichteten gehörte der schiitischen Minderheit an.

Laut Menschenrechtsorganisationen ist Folter eine verbreitete Praxis in den saudischen Gefängnissen. Damit werden „Geständnisse“ erpresst, die die Grundlage für härtere Strafen bis hin zur Todesstrafe bilden.

Immer wieder kommt es unfassbaren Urteilen. Am 17. September 2015 wurde bekannt, dass das Gnadengesuch des Schiiten Ali Mohammed an-Nimr, der als 17-Jähriger in letzter Instanz zum Tod durch Enthauptung mit nachfolgend postmortaler Kreuzigung verurteilt worden war, abschlägig beschieden wurde. Amnesty International wirft der saudischen Regierung vor, dass das Geständnis Ali Mohammed an-Nimrs unter Folter zustande kam. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ vermutet, dass die Härte des Urteils mit der Stellung seines Onkels, Nimr an-Nimr, zu tun hat. Bei diesem handelte es sich um einen „populären schiitischen Prediger im Rang eines Ajatollah und Anführer der schiitischen Protestbewegung“ im östlichen Saudi-Arabien. Er wurde im Januar 2016 hingerichtet.

 

Arbeitsmigrant:innen

Ein Drittel der 36 Millionen in Saudi-Arabien lebenden Menschen sind Ausländer:innen. Die meisten von ihnen sind Arbeitsmigrant:innen aus nord- und ostafrikanischen Ländern. Wie in anderen Goldstaaten sind sie in Saudi-Arabien dem Kafala-System unterworfen. Sie benötigen für ihre Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis einen Bürgen, zumeist den Arbeitgeber. In einem Bericht der Rosa-Luxemburg-Stiftung heißt es: „Im saudischen Bürgschaftssystem verfügen Arbeitgeber über beträchtliche Machtmittel: Sie bestimmen die Arbeitsbedingungen und entscheiden über Ausreisegenehmigungen und den Einwanderungsstatus. Bei Bauarbeiter:innen und Hausangestellten ist die Gefahr von Missbrauch und Ausbeutung besonders hoch, da sie auch bei der Verpflegung und Unterbringung von ihrem Arbeitgeber abhängig sind.“

Außerdem benennt ein Report von Human Rights Watch „als Formen des Missbrauchs, denen vom Arbeitsrecht nicht erfasste Hausangestellte ausgesetzt sind, unter anderem verspätete oder Nichtzahlung von Löhnen, lange Arbeitszeiten ohne freie Tage, Einbehaltung von Pässen, Einschränkung der Bewegungsfreiheit, Isolation sowie körperlichen und sexuellen Missbrauch.“

Generell liegt das Lohnniveau für Arbeitsmigrant:innen weit unterhalb dem für saudische Arbeiter:innen. Im November 2013 kam es Protesten, bei denen auch die Polizei angegriffen wurde. Zwei Menschen starben, 560 wurden festgenommen.

Bei Verstößen gegen Arbeits- oder Aufenthaltsbestimmungen greift der Staat rigide durch. Zwischen Januar und November 2022 wurden fast eine halbe Million Menschen wegen solcher Verstöße abgeschoben. Im Frühjahr 2022 wurden Zehntausende äthiopische Erwachsene und Kinder in ihr Heimatland abgeschoben. Zuvor waren sie bis zu 18 Monaten unter unmenschlichen Bedingungen inhaftiert und teilweise gefoltert worden. Mindestens zwölf Menschen starben lauf Amnesty in der Haft.

Es geht aber noch schlimmer. Im August 2023 berichtete Human Rights Watch, dass saudi-arabische Grenzbeamte in den zurückliegenden 15 Monaten mehrere hundert Migrant:innen beim Versuch eines Grenzübertritts vorsätzlich erschossen haben. Dem Bericht zufolge geschehen diese Verbrechen im Grenzgebiet zwischen Jemen und Saudi-Arabien und betreffen hauptsächlich Menschen, die vor der katastrophalen Situation in Äthiopien, Eritrea oder Somalia fliehen. (Wobei wir bei aller Empörung darüber nicht vergessen wollen, dass durch die Pushbacks an den europäischen Außengrenzen ebenfalls immer wieder sehr viele Menschen in den sicheren Tod geschickt werden…)