Offener Brief an den DFB zur Fußball-Weltmeisterschaft 2026
(Entwurf)
Das WM-Turnier 2026 wird in Kanada, Mexiko und insbesondere in den USA ausgetragen, wo alle Halbfinal- und Finalspiele stattfinden. Das ist für viele aktive Mitglieder der internationalen Fußball-Community ein Problem. Denn in den vergangenen Monaten hat sich die politische Situation in den USA radikal verändert.
Außenpolitisch verletzt die Trump-Regierung das Völkerrecht. Sie bedroht unabhängige Staaten mit Annexion, missachtet internationale Vereinbarungen, verhöhnt den Internationalen Gerichtshof und riskiert durch den Stopp von USAID und USAIDS den Tod von Millionen Menschen. Für ein gemeinsames WM-Turnier ist es zudem dreist, dass die USA einen kalten Krieg gegen die Mitveranstalter des Turniers begonnen haben: mit einer Annexionsdrohung gegen Kanada, Abschottung gegen Mexiko und mit politischem Druck durch einen Handelskrieg gegen beide Staaten.
Innenpolitisch verletzt die Trump-Regierung die demokratische Verfassung und die Menschenrechte, indem sie die Unabhängigkeit und Kompetenz der Justiz missachtet, das Wahlrecht einschränkt, kritische Stimmen in Medien und Universitäten verfolgt, die freie Wahl geschlechtlicher Identität verweigert, Oligarchen wie Elon Musk unlegitimierte politische Macht einräumt und eine menschenfeindliche Migrationspolitik verfolgt.
Die meisten ernstzunehmenden Politikwissenschaftler sehen die Demokratie in den USA schon jetzt als massiv beschädigt an. Der renommierte Harvard-Professor Steven Levitsky schrieb: „Die USA hören gerade auf, eine Demokratie zu sein. Sie rutschen unter Donald Trump in einer Form des Autoritarismus ab.“ Der bekannte Faschismus-Forscher Jason Stanley, der seine Yale-Professur aufgibt, um nach Kanada zu emigrieren, sagte im „Spiegel“: „Es ist Faschismus. Alle Kriterien treffen zu.“ Dies ist besonders besorgniserregend, weil rechte Kräfte in Europa wie die AfD die aktuelle Entwicklung in den USA als Blaupause für ihr eigenes Machtstreben ansehen.
Das WM-Turnier der FIFA wird also zum dritten Mal hintereinander – nach Russland und Katar – in einem undemokratisch regierten Land stattfinden. Erneut versucht eine autokratische Regierung, die Veranstaltung zum eigenen Machterhalt propagandistisch auszunutzen. FIFA und DFB müssen mit Blick auf ihre eigenen Statuten darauf reagieren.
Daher fordern wir:
# Die FIFA muss von der US-Regierung verlangen, ihren kalten Krieg gegen die WM-Mitveranstalter Kanada und Mexiko einzustellen.
# Sollte es seitens der USA zu einem gewaltsamen Annexionsversuch oder einer militärischen Intervention kommen – ob in Kanada, Grönland, Palästina, Panama oder anderswo – muss die FIFA das Turnier 2026 sofort absagen.
# Die FIFA muss die US-Regierung auffordern, entsprechend Artikel 4 des FIFA-Statuts die freie Wahl der sexuellen Orientierung und der geschlechtlichen Identität zu garantieren. Insbesondere muss sie die Zusicherung einholen, dass transsexuelle Fans bei einem WM-Besuch sicher ein- und ausreisen können.
# Den DFB fordern wir auf, sich bei der FIFA für diese Anliegen einzusetzen und entsprechende Anträge einzubringen.
# Der DFB muss alle deutschen WM-Besucher:innen, die in die USA reisen wollen, über das Risiko einer unbegründeten Festnahme, Inhaftierung und Abschiebung informieren.
# Der DFB sollte gemeinsam mit NGOs und Fanorganisationen ein Symposium durchführen, in dem die politische Situation in den USA und ihre Auswirkungen auf die europäische Politik thematisiert werden. Materialien dazu sollten örtlichen Fangruppen und Fanprojekten für eigene Veranstaltungen zur Verfügung gestellt und Referent:innen benannt werden.
Ziel muss es sein, wie schon 2022 auch diese WM zur Stärkung des demokratischen Bewusstseins und der Menschenrechte zu nutzen.