Sklavenarbeit WM 2022

Dokumentation

Ist die Fußball-WM in Katar wirklich grün? 

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Die FIFA verspricht eine klimaneutrale Fußball-WM. Verschleiert sie die wahre CO₂-Bilanz – mit Zertifikaten, hinter denen der katarische Staat steht? Wir schauen uns die Fakten an.

Grüne Karte für den Planeten

Im November 2021 veröffentlichte die FIFA auf der UN-Klimakonferenz (COP26) in Schottland die FIFA-Klimastrategie und bekräftigte ihr Bekenntnis zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen „Sports for Climate Action Framework“, das unter anderem die Verpflichtung enthält, die Emissionen bis 2030 um 50 % zu reduzieren und bis 2040 netto Null zu erreichen[1].

Am 5. Juni 2022, dem Weltumwelttag, gab Gianni Infantino ein weiteres Statement ab. In einer Videobotschaft. „Heute geht es nicht um gelbe und rote Karten. Heute bitte ich alle, die den Fußball lieben und denen die Umwelt am Herzen liegt, die grüne Karte der FIFA für die Umwelt zu zeigen“, sagte er in die Kamera[2] und ergänzte: „Die FIFA trägt ihren Teil dazu bei, dass die Weltmeisterschaft in Katar 2022 klimaneutral ist.“

Der FIFA-Präsident ruft alle dazu auf, die Kampagne zu unterstützen, eine eigene Videobotschaft mit dem Titel „Green Card for the Planet“ zu verfassen, in der eine Maßnahme zum Schutz der Umwelt genannt und andere dazu aufgefordert werden, es ihnen gleichzutun.

Der Fußball-Weltverband wird nicht müde, zu betonen, dass die WM 2022 in Katar klimaneutral sein soll – die erste jemals. Schon 2010 stand es in den WM-Bewerbungsunterlagen Katars. Diese Weltmeisterschaft werde auch deshalb „einzigartig“ und „die beste der Geschichte“, weil sie dem Klima nicht schade. Das war und ist die Message.

Doch wie ist das möglich bei einem solchen Mega-Event, für das mehrere Stadien neu gebaut wurden und Zehntausende Menschen um die halbe Welt fliegen? Und was heißt klimaneutral?

Was bedeutet klimaneutral? 

Fangen wir mit der einfachen, der zweiten Frage, an, die Marcel Kruse von der Deutschen Emissionshandelsstelle des Umweltbundesamtes so beantwortet: „Klimaneutral bedeutet, dass ein Gleichgewicht zwischen den verursachten Emissionen und den aus der Atmosphäre entnommenen Treibhausgasen existiert“

Konkret heißt das: Man kompensiert ausgestoßene Treibhausgase, indem man etwa in Klimaschutzprojekte investiert und dafür CO₂-Zertifikate erhält. Wichtig ist aber in jedem Fall die Verringerung der Emissionen. Denn: „An erster Stelle kommt die Vermeidung von Emissionen. Dann die Verringerung. Und wenn es gar nicht anders geht: die Kompensation“, sagt Kruse.

Die nackten Zahlen

Bei der Berechnung der CO₂-Bilanz wird mit CO₂-Äquivalenten (tCO₂e) gerechnet. Das ist die entscheidende Maßeinheit. CO₂-Äquivalente berücksichtigen verschiedene Treibhausgase, also nicht allein die CO₂-Emissionen, sondern auch noch klimaschädlichere Gase wie Methan.

Im Auftrag der FIFA hat die Schweizer Agentur South Pole Carbon Asset Management Ltd. die CO₂-Bilanz für die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar errechnet[3]. Diese basiert auf Zertifikaten des Global Carbon Council (GCC), einer 2016 von Katar gegründeten eigenen Organisation, die unabhängig von anerkannten Kontrollmechanismen agiert und umstritten ist, weil sie ein wichtiges Kriterium für die Zertifikate, die zusätzliche Reduktion von Emissionen, möglicherweise nicht erfüllt. 

Der Schweizer Berechnung nach entstehen durch die Großveranstaltung rund 3,6 Millionen Tonnen tCO₂e. Das sind 60% mehr als schon die WM in Russland generierte, und 0,2 Millionen Tonnen tCO₂e mehr als Island im gesamten Jahr 2021 erzeugt hat[4].

Das klingt gewaltig, scheint aber der Realität nicht wirklich nahe zu kommen. Denn britische Wissenschaftler von der Lancaster University haben sich die Berechnungsgrundlagen von South Pole genau angesehen und kommen zu dem Schluss, dass der Ausstoß bei weit über zehn Millionen Tonnen liegen dürfte – also mindestens dreimal so hoch wie von der FIFA behauptet[5].

Wie ist das zu erklären? –Durch einen Taschenspielertrick. Die WM-Organisatoren gehen von einer Betriebsdauer der Stadien von 60 Jahren aus – und verrechnen die Emissionen über diese Zeit. Von diesen 60 Jahren nimmt die FIFA aber gerade einmal 70 Tage in ihre Rechnung auf: 46 Tage für die WM und zwei Mal zwölf Tage für die Club-Weltmeisterschaften 2019 und 2020. Dass sich die FIFA die Zahlen auf diese Weise so dreist schön rechnet hat beispielsweise die NGO Carbon Market Watch in einem eigenen Bericht kritisiert[6].

Wie sehr die tatsächlichen Emissionen durch dieses Verfahren verschleiert werden, erkennt man an einer Zahl, bei der die FIFA diesen Trick nicht anwenden konnte: Die Schweizer Tageszeitung NZZ entschlüsselt die Zahlen der FIFA und findet heraus, dass die sieben neuen Stadien in der FIFA-Rechnung mit gerade einmal 4.541 tCO₂e auftauchen[7]; das wäre eine für so große Bauprojekte sehr geringe Menge. 

Es geht noch weiter: Aus den Stadien sollen nach der WM etliche Sitzreihen entfernt werden, weil sie zu groß für katarische Fußballspiele sind oder die Gebäude anders genutzt werden sollen. Allein die Sitze, die nur während der WM gebraucht werden, stehen jedoch mit 202.126 Tonnen CO₂-Äquivalenten (tCO₂e) im Bericht. 

Damit steht fest: Die Zahl nur für die temporären Sitze ist 44-mal so hoch wie die für den Bau der Stadien. Deshalb geht Carbon Market Watch davon aus, dass die Emissionen für die Stadien, die auch nach der WM stehen bleiben sollen, sogar bis zu achtmal höher sind als von den Organisatoren angegeben.

Woher kommt die grüne Farbe?

Es ist ein sehr komplexes Thema mit einem verblüffend einfachen Resümee: Die FIFA und Katar schaffen beileibe keine Klimaneutralität, weder durch die Vermeidung noch durch die Verringerung von Emissionen. Vielmehr werden lediglich klimawirksam fragliche Projekte unterstützt und zweifelhafte Zertifikate zur Kompensation gekauft.

Schauen wir uns die Fakten einmal aus der Nähe an – hier beginnt der komplexe Teil. Die NGO Carbon Market Watch schreibt in ihrer Analyse „Poor tackling: Yellow card for 2022 FIFA World Cupʼs carbon neutrality claim“ (Schlechtes Tackling: Gelbe Karte für den Anspruch der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2022 auf Klimaneutralität) im Mai 2022 dazu: „Ein wesentlicher Schritt in jeder Klimastrategie ist die Reduzierung der mit einem bestimmten Produkt, einer Veranstaltung oder einer Organisation verbundenen Emissionen. Die Behauptung der Klimaneutralität kann nur dann glaubwürdig sein, wenn das Äußerste getan wird, um alle Emissionen, die reduziert werden können, zu verringern. Kompensationen dürfen nur als letztes Mittel eingesetzt werden, und selbst dann sind sie unvollkommen.“[8]

Ein Beispiel ist die Einrichtung einer groß angelegten Baum- und Rasenzucht in der Wüste, um Bäume für die Parks rund um die Stadien und Gras für die Stadien und Trainingsplätze zu produzieren. Nach Angaben der Organisatoren handelt es sich dabei um die größte Rasenfarm der Welt mit einer Fläche von 425.000 m² [9].

Abgesehen davon, dass dieses Programm sehr wasserintensiv ist, ist der angepriesene Klimanutzen nicht von Dauer. Die Organisatoren behaupten zwar, dass diese Pflanzungen dazu beitragen werden, „tausende von Tonnen CO2 pro Jahr zu absorbieren“, aber das ist nur der sales pitch, die Verkaufsmasche. Um einen wirklichen Nutzen für das Klima zu haben, muss dieses CO2 für Jahrhunderte, mindestens 200 bis 300 Jahre, gespeichert bleiben, bevor glaubhaft behauptet werden kann, dass der dadurch erreichte Kohlendioxidabbau zum Klimaschutz beiträgt[10]. Im Fall dieser Baum- und Rasenplantage ist es höchst unwahrscheinlich, dass die Pflanzen so lange am Leben bleiben, da sie in künstlichen Parks rund um die Stadien platziert werden, die zudem mit sehr viel Wasser aus äußerst energieintensiven Meerwasserentsalzungsanlagen bewässert und von Menschen gepflegt werden müssen.

Der letzte Schritt, CO2-Neutralität zu erreichen, wäre der Ausgleich der nicht kompensierbaren Emissionen der Veranstaltung. Dafür müssten die Organisatoren 3,6 Millionen Emissionsgutschriften erwerben, um die 3,6 Mio. CO₂-Äquivalente (tCO₂e) auszugleichen, die nach ihren sehr wahrscheinlich zu niedrigen Schätzungen durch die Veranstaltung entstehen werden.

FIFA und Katar haben den Schwerpunkt auf den Erwerb von Gutschriften aus Projekten in Katar und der Region gelegt.[11] Wie weiter oben beschrieben hat Katar 2016 für die „klimaneutrale“ WM zusammen mit der Golf-Organisation für Forschung und Entwicklung (GORD) eine eigene Organisation, das Global Carbon Council (GCC), gegründet[12]. Dieses agiert unabhängig von anerkannten Kontrollmechanismen. Mindestens 1,8 Millionen Gutschriften sollten aus diesem Standard stammen[13]. Dies wirft Fragen hinsichtlich der Herkunft der Gutschriften und ihrer Qualität auf.

Und tatsächlich: Gianni Infantino hat von „state-of-the-art-Stadien“ gesprochen. Garantieren soll das ein Label, das Global Sustainability Assessment System. Nur ist dieses Label gar nicht so global, wie es sich nennt. Man findet kaum eine Expertin oder einen Experten, die das Label kennen. Früher hieß es auch anders: Qatar Sustainability Assessment System. Verliehen wird es von eben jenem staatlich finanzierten Forschungszentrum GORD Institute. Blickt man hinter die Firmenstrukturen, zeigt sich: Stadien, die im Besitz des katarischen Staats sind, werden überprüft durch ein Label, das auch vom katarischen Staat stammt.

Das GCC wiederum hat Anfang Dezember 2022 nur sechs registrierte Projekte, bei denen es sich um Projekte für erneuerbare Energien in Serbien, Indien, der Türkei und Oman handelt[14]. Lediglich zwei davon haben laut öffentlichem Register Gutschriften ausgestellt, was bedeutet, dass das derzeitige Gesamtangebot an GCC-Gutschriften 543.389 beträgt[15], und damit weit unter den 1,8 Millionen liegt, die zur Erfüllung des offenbar abgeschlossenen Kaufvertrags zur Verfügung stehen müssen; ganz zu schweigen von den 3,6 Millionen, die zur Deckung des gesamten (aber sehr wahrscheinlich unterschätzten) Fußabdrucks der Fußballweltmeisterschaft 2022 erforderlich sind.

Darüber hinaus befinden sich am 1. Dezember 2022 659 Projekte in der „Pipeline“ des Golf-Kooperationsrates, die auf ihre Registrierung warten, von denen die meisten – einschließlich der sechs einzigen registrierten Projekte – netzgekoppelte Projekte für erneuerbare Energien von unklarer ökologischer Integrität sind[16]. Hierzu schreibt Carbon Market Watch in ihrer oben erwähnten Analyse: „Angesichts der zunehmenden Wettbewerbsfähigkeit erneuerbarer Energien auf der ganzen Welt ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass solche Projekte nicht ‚zusätzlich’ sind, d. h. diese Projekte werden wahrscheinlich unabhängig davon vorangetrieben, ob sie Emissionsgutschriften verkaufen können oder nicht, und verstoßen damit gegen eine der grundlegendsten Regeln für Emissionsgutschriften. Der Kauf dieser Gutschriften führt nicht zu zusätzlichen Reduktionen, da die Finanzmittel wahrscheinlich einfach in Projekte fließen, die ohnehin durchgeführt würden.“

Und weiter: „Die beiden wichtigsten freiwilligen CO2-Marktstandards, die es heute gibt – der Verified Carbon Standard (VCS) und der Gold Standard (GS) – haben beide solche Projekttypen von der Registrierung ausgeschlossen, da sie ein hohes Risiko der Nicht-Additionalität aufweisen [also keine zusätzliche Klimaverbesserung bewirken, d.Red.]. Es ist daher nicht überraschend, dass ein so großer Anteil der Projekte, die eine Registrierung im Rahmen des GCC anstreben, netzgekoppelte Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien sind, da sie nach anderen Standards höchstwahrscheinlich nicht förderfähig wären. Dies gibt Anlass zur Sorge.“

Wie eingangs gesagt: Die FIFA und Katar schaffen Klimaneutralität weder durch die Vermeidung noch durch die Verringerung von Emissionen. Vielmehr werden lediglich klimawirksam fragliche Projekte unterstützt und zweifelhafte Zertifikate zur Kompensation gekauft.

Eine weitere grüne Seifenblase: Das „Stadium 974“ im Hafen­bezirk Ras Abu Aboud, aus 974 Schiffscontainern gebaut (+974 ist Katars Auslands­vorwahl). Das „974“ ist nicht nur ein recyclebares Fußball­stadion, sondern soll auch ein Beweis dafür sein, dass Katar sein Versprechen hält: die „erste klima­neutrale Welt­meisterschaft“auszurichten.

Das Container­stadion soll nach der WM abgebaut und in einem Entwicklungs­land wieder aufgebaut werden. Und obwohl Katar anbietet, die Kosten für den Transport zu übernehmen, ist es gut möglich, dass kein Entwicklungs­land den Containerbau haben will: Die Betriebs­kosten für ein modernes Stadion wie das „974“ sind gigantisch. 

„Bleibt es stehen und nimmt kein anderes Land das Stadion an, wird es noch klima­schädlicher sein als ein herkömmliches“, sagt Umwelt­ökonom Gilles Dufrasne von Carbon Market Watch[17]. Denn das temporäre Stadion verursachte im Bau mehr CO₂ als ein stationäres, weil es solidere und energie­intensive Bau­materialien benötigte – um den geplanten Transport zu überleben, der Katars Ruf aufpolieren soll.

Die Aufzählung könnte mit zahlreichen weiteren Beispielen lange so weiter gehen, aber wir wollen an dieser Stelle ein Resümee ziehen.

Welche Schlüsse ziehen wir daraus?

Das können wir kurz machen. Die Zahlen lügen nicht, die FIFA tut es. 

Denn sieht man genau hin, fällt das Versprechen der angeblich grünen WM schnell auseinander. In Wirklichkeit ist sie das genaue Gegenteil davon und weitaus schlimmer als alle WMs der Vergangenheit. Um besser dazustehen, täuscht die FIFA die Öffentlichkeit und lügt sich selbst in die Tasche: Sie rechnet die Emissionen schön und wirbt mit einem zumindest zweifelhaften Nachhaltigkeitslabel. Mit der Bezeichnung „Greenwashing“ ist damit noch zu milde ausgedrückt, was hier passiert.

Die „klimaneutrale WM“ in Katar ist folglich reine Augenwischerei, mit der die FIFA uns alle für dumm verkaufen will.

Stefan Schirmer

[1] https://www.fifa.com/social-impact/sustainability/green-card
[2] https://www.fifa.com/social-impact/sustainability/media-releases/fifa-president-shows-green-card-for-the-planet
[3] https://www.qatar2022.qa/sites/default/files/2022-08/greenhouse-gas-accounting-report-en.pdf
[4] http://www.globalcarbonatlas.org/en/CO2-emissions
[5] https://www.bbc.com/sport/football/63466168
[6] https://carbonmarketwatch.org/wp-content/uploads/2022/05/Poor-tackling_-Yellow-card-for-2022-FIFA-1.pdf
[7] https://www.nzz.ch/sport/wm-2022-betreibt-die-fifa-greenwashing-ld.1707373
[8] https://carbonmarketwatch.org/wp-content/uploads/2022/05/Poor-tackling_-Yellow-card-for-2022-FIFA-1.pdf
[9] https://www.workerswelfare.qa/en/news/sc-inaugurates-tree-and-turf-nursery
[10] https://carbonmarketwatch.org/publications/respecting-the-laws-of-physics-principles-for-carbon-dioxide-removal-accounting/
[11] https://www.qatar2022.qa/sites/default/files/2022-08/FWC-2022-Sustainability-Strategy.pdf
[12] https://www.fifa.com/tournaments/mens/worldcup/qatar2022/news/gord-to-support-delivery-of-qatar-s-carbon-neutral-fifa-world-cuptm
[13] https://publications.fifa.com/en/sustainability-report/environmental-pillar/greenhouse-gas-emissions/programme-for-ghg-reduction-and-offsetting-by-attendees/
[14] https://projects.globalcarboncouncil.com/pages/approved_projects
[15] https://products.markit.com/br-reg/public/public-view/#/issuance
[16] https://projects.globalcarboncouncil.com/pages/submitted_projects
[17] https://carbonmarketwatch.org/publications/poor-tackling-yellow-card-for-2022-fifa-world-cups-carbon-neutrality-claim/

It’s not racist to criticise the way workers in Qatar are treated 

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I know. I was a migrant worker in Doha, and I saw the labour abuses myself 

Geoffrey Otieno / Comment / The Continent / Issue 107. November 26 2022


As the World Cup rolls on, criticism has continued to grow around Qatar’s poor treatment of migrant workers – including those used to build the tournament stadiums. The Gulf Kingdom has dismissed this criticism as “racism”, and tried to shift the blame to Europe for its colonial past. As a black African worker who made the 2022 World Cup possible, nothing – including the abuses to which I was subjected, and those that I witnessed –has been more infuriating. We are being gaslit by an entire government. When I had an opportunity to go and work in Qatar, I was excited. Like every migrant worker there, I went to Qatar with the hope of bettering my life. I worked on the stadiums, including the Lusail Stadium, which will host the final. But my job as a safety officer was little more than a formality. Despite all the plans on paper, in reality, incidents occurred again and again.  I would receive hundreds of distressed calls from workers. The suffering I witnessed was great: some workers lost limbs; some had to flee their employers, placing in danger not only their residency statuses but their lives. Some of these incidents were addressed. But the biggest challenge was the fear placed on workers by state authorities and by companies. We African workers were continuously treated as less-than. An African worker would be assigned as a helper and another foreign worker a technician. If the African worker performed the duties of a technician, he still remained a helper on paper, the discrimination was so open. The idea that the same set of skills should equate to the same salary, no matter a person’s background, just did not exist.
In 2020 my company terminated me for advocating for others. The termination meant deportation for me to Kenya. I was worried. I was scared. I was anxious thinking about my family and my safety. And if deportation was not enough, I was banned from the country for a set period. In Qatar, migrant workers are an expendable commodity. At least 95% of the jobs for the World Cup have been carried out by people such as myself, who are not considered important enough to be in the country during the tournament.

Systemic abuses

New research published this week by Equidem, a human rights research organisation for whom I am the lead investigator, highlights the pattern underlying individual cases of abuse. Kenyan and Ugandan workers interviewed for the study described worker deaths on construction sites, wage theft, nationality-based discrimination, illegal recruitment fees, understaffing and overwork, verbal abuse, sexual harassment, occupational health and safety risks, and exposure to Covid-19. This pattern of abusive working conditions is not isolated. Rather, these cases are indicative of business as usual. And, of course, it is not just Qatar that is profiting from these abuses: EU-based corporations have made massive profits in the construction and hospitality sectors linked to the World Cup in Qatar, often at the expense of African workers. The activities of these brands have increased the risk of exploitation, discrimination, and forced labour for African and other migrant workers.
So yes, Europe does have its own case to answer – but that does not give Qatar a free pass. Instead of paying us what we are due and providing us with remedy funds for the harms we have experienced, Qatar continues to channel money to silence our voices. The government of Qatar could have paid workers and their families the billions they are owed by now, and had money left over to support the establishment of a genuinely independent Migrant Worker Centre. Instead, it has funneled cash into a glitzy public relations campaigns that dismisses all criticism of genuine human rights abuses as anti-Arab and anti-Muslim hate. To add insult to injury, Fifa tells the world to focus on the game. Its president, Gianni Infantino, went so far as to say that he feels like a migrant worker, after having been subjected to legitimate criticism. This outrageous claim is nothing more than verbal blackface. Instead of giving us hope, Qatar has only given us despair. Instead of justice, we have dealt with crippling depression and mental health challenges. So no, it is not racist to criticise Qatar’s treatment of migrant workers – it is the truth. And if people want to truly support the workers, they’ll shine a light on Qatar’s bold lies each and every single time they repeat them.

Geoffrey Otieno was a migrant worker safety inspector at stadium construction sites ahead of the World Cup in Qatar. He  is now an investigator for Equidern.

Hertha BSC: Mitglieder gegen WM in Katar

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Die Mitgliederversammlung von Hertha BSC hat am 13.11.2022 mit großer Mehrheit folgenden Beschluss verabschiedet:

 

Die Mitgliederversammlung möchte beschließen, dass der Hertha Berliner Sport Club e.V. die Ausrichtung der FIFA-Weltmeisterschaft durch den Staat Katar ablehnt.

Begründung:

Der Fußball im Allgemeinen und Hertha BSC im Besonderen stehen exemplarisch für Werte wir Fairness, Vielfalt und Toleranz. Hierbei erinnere ich an den Hertha BSC Ethik Kodex, den man 2021 in Zusammenarbeit mit den Fans erarbeitet und öffentlichkeitswirksam in den Fokus gestellt hat. All diese Werte sind schon mit der Vergabe der WM 2022 nach Katar mit Füßen getreten und werden es durch die Durchführung der Weltmeisterschaft Ende des Jahres noch mehr.

Tausende tote und ausgebeutete Gastarbeiter sprechen ebenfalls eine eindeutige Sprache. Die Mitglieder haben im Rahmen der Mitgliederversammlung, als höchstes und wichtigstes Vereinsorgan, nun die Möglichkeit eine Haltung einzunehmen und nach außen zu tragen. Eine Haltung für die Werte des Fußballs und eine offene Zivilgesellschaft! Diese Haltung gilt es auch bei zukünftigen Turnieren zu vertreten und als Mitgliedsverein innerhalb des DFB einzustehen.

Von einer „WM der Schande“ spricht Amnesty International. Dem ist nichts hinzuzufügen. Einfach nicht hinschauen, ja da wird viel verlangt von uns Fußballfans. Aber haben wir die ganzen langen Jahre nicht viel zu viel zugelassen, was unseren Fußball in Deutschland, Europa und in der Welt immer mehr zerstört hat?

Jetzt ist die Zeit gekommen, dass wir endlich ein Stoppzeichen setzen. Deshalb kann es nur eines geben: ABLEHNUNG UND BOYKOTT DER WM IN KATAR!

Karlsruher SC gegen die WM in Katar

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Mit großer Mehrheit (84 Prozent) hat die Mitgliederversammlung des Karlsruher Sport-Club Mühlburg-Phönix e.V. (KSC) am 20. Oktober 2022 eine eindeutige Position zur Fußball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar beschlossen. Angenommen wurde folgender Wortlaut:

Die Mitgliederversammlung möge beschließen, dass der Karlsruher Sport-Club Mühlburg-Phönix e.V. die Ausrichtung der FIFA-Weltmeisterschaft durch den Staat Katar ablehnt.

Begründung:
Der Fußball im Allgemeinen und der Karlsruher Sport-Club im Besonderen stehen exemplarisch für Werte wie Fairness, Vielfalt und Toleranz. All diese Werte wurden schon mit der Vergabe der WM 2022 nach Katar mit Füßen getreten und werden es durch die Durchführung der Weltmeisterschaft Ende des Jahres noch mehr. Tausende tote und ausgebeutete Gastarbeiter sprechen ebenfalls eine eindeutige Sprache. Die Mitglieder haben im Rahmen der Mitgliederversammlung, als höchstes und wichtigstes Vereinsorgan, nun die Möglichkeit eine Haltung einzunehmen und nach außen zu tragen. Eine Haltung für die Werte des Fußballs und einer offenen Zivilgesellschaft! Diese Haltung gilt es auch bei zukünftigen Turnieren zu vertreten und als Mitgliedsverein innerhalb des DFB dafür einzustehen.

Evangelische Jugend Bayern fordert Boykott der WM in KaTAR

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Die Vollversammlung des Landesjugendkonvents der Evangelischen Jugend Bayern hat beschlossen, sich gegen die Fußballweltmeisterschaft der Herren 2022 in Katar auszusprechen.

Die Delegierten des Landesjugendkonvents fordern den DFB (Deutscher Fußball-Bund) erneut dazu auf, vom Turnier zurückzutreten und das deutsche Team nicht nach Katar zu entsenden. Schon 2015 forderte der Landesjugendkonvent in einem Beschluss, den Deutschen Fußball-Bund e.V. dazu auf, die deutsche Nationalmannschaft nicht zur Weltmeisterschaft nach Katar zu entsenden.

Aufgrund aktueller Diskussionen zu Energiepartnerschaften mit Katar rücken die Menschenrechtsverletzungen in diesem Land wieder in den Hintergrund. Doch genau aus diesem Grund forderte der Landesjugendkonvent schon 2015 den DFB dazu auf, die deutsche Nationalmannschaft nicht zur Weltmeisterschaft nach Katar zu entsenden.

„Die Arbeitsbedingungen für Gastarbeitende im Rahmen der Weltmeisterschaft, aber auch ganz allgemein, sind in Katar lebensgefährlich, menschenunwürdig und verletzen in extremen Maßen die Menschenrechte“, heißt es in der Begründung des Landesjugendkonvents. Nach einem Bericht des Guardian (vom 23.02.2021) sind seit Beginn der Bauarbeiten zur WM 2022 in Katar insgesamt mehr als 6.500 Gastarbeiter im Land gestorben. Es ist davon auszugehen, dass ein Großteil dieser Todesfälle direkt oder indirekt in Zusammenhang mit der WM stehen. Auch die Arbeitsrechtsreform von 2017 hat nach Berichten der NGO Amnesty International die Lage der Gastarbeiter kaum bis gar nicht verbessert.

Die WM darf nicht davon ablenken und das Image dieses totalitären Staates aufpolieren, geschweige denn diesen mitfinanzieren. „In Zeiten der Klimakrise erscheinen uns zudem aufwändige Stadionneubauten und die ressourcenintensive Errichtung von zugehöriger Infrastruktur allein für eine vierwöchige Veranstaltung für nicht nachhaltig“, so die weitere Begründung. 

Die Ehrenamtlichen fordern ihre Landesjugendkammer (das höchste Entscheidungsgremium der Evangelischen Jugend in Bayern) dazu auf, einen Beitritt zur Initiative #BoycottQatar2022 zu prüfen. Darüber hinaus appellieren sie an die Dekanate, Verbände und Gemeinden auf Public-Viewing-Angebote für die WM in Katar 2022 für junge Menschen zu verzichten und befürworten den Boykott ebendieser. Zusätzlich regen sie an, in dem entsprechenden Zeitraum Programme vor Ort zur Aufklärung der Menschenrechtssituation in Katar anzubieten.

(Der Landesjugendkonvent ist das jährliche Delegiertentreffen der Ehrenamtlichen aus den Dekanaten und Verbänden der Evang.-Luth. Kirche in Bayern. Derzeit engagieren sich fast 17.500 junge Menschen in den evangelischen Kirchengemeinden, Dekanaten und Verbänden. Sie leiten Kinder- und Jugendgruppen, organisieren Freizeiten, helfen in Konficamps oder in Schülertreffs, organisieren Jugendgottesdienste und übernehmen Verantwortung in den Gremien der EJB, wo sie u.a. kirchen- und gesellschaftspolitisch aktiv sind.)

Fortuna Düsseldorf: Mitglieder beschließen Boykott der WM 2022

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Im Rahmen der Mitgliederversammlung des Vereins am 28. April 2022 hat die Versammlung über einen Antrag zur Änderung im „Positionspapier zur WM in Katar“ abgestimmt. Der bisherige Text wird um eine Passage ergänzt, die sich eindeutig für einen Boykott der WM 2022 in Katar ausspricht. Der gesamte Wortlaut des Positionspapiers lautet jetzt:

 

Gemeinsames Positionspapier von Fans und Verein:

Der Verein Fortuna Düsseldorf und seine Fans stehen ein für Respekt, Vielfalt und Toleranz. Wir wenden uns entschieden gegen menschenverachtende Verhaltensweisen. So ist es in der Vereinssatzung und dem Selbstbildnis des Vereins festgeschrieben. Und deshalb geht uns alle die FIFA Fußball-Weltmeisterschaft in Katar 2022 an.
Seit der Vergabe der WM im Dezember 2010 werden sowohl das Vergabeverfahren als auch die Entscheidung für Katar aus vielfältigen Gründen zu Recht von vielen Seiten, Menschenrechtsorganisationen, aber auch Fangruppierungen länderübergreifend kritisch bewertet. In Katar leben etwa zwei Millionen Arbeitsmigrant*innen. Auf den Baustellen der Stadien haben im Wesentlichen Migrant*innen unter miserablen Arbeitsbedingungen hart gearbeitet. Nach Recherchen des britischen Guardian aus dem Februar 2021 starben seit der WM-Vergabe mehr als 6.500 Arbeitsmigrant*innen – vor allem im Zusammenhang mit Bauarbeiten für die WM. Im Gegensatz dazu gab das WM-Organisationskomitee der FIFA an, dass im gleichen Zeitraum „lediglich“ 34 Menschen auf den WM-Baustellen ums Leben kamen. 
Die offensichtlichen Menschenrechtsverletzungen und die Ausbeutung der Migrant*innen sind nicht akzeptabel und weisen auf grundsätzliche Missstände im Land hin, die weiterhin thematisiert werden müssen. Obwohl das unmenschliche Kafala-System inzwischen formal abgeschafft wurde, kommt es nach wie vor - auch laut Amnesty International - zu schwerwiegenden Verletzungen von Arbeitnehmer*innenrechten.
Die Vergabe der WM an das Emirat im Jahre 2010 wird von Bestechungsvorwürfen begleitet, die auch Teil von Strafermittlungen sind. Nur durch erheblichen Einsatz von Energie und Rohstoffen und die Verlegung der Spiele in den Winter wird es überhaupt möglich sein, die WM dort stattfinden zu lassen. 
Es ist an der Zeit, die Vergabepraxis für Weltmeisterschaften grundsätzlich zu hinterfragen. Es ist dringend notwendig, den Vergabeprozess so zu verändern, dass neben sportlichen und wirtschaftlichen Aspekten auch ökologische und gesellschaftliche Positionen vergaberelevant werden. Hierbei müssen die Einhaltung der Menschenrechte sowie die Nachhaltigkeit der Veranstaltung notwendige Kriterien werden. Ein geeigneter Weg hierzu könnte aus unserer Sicht die Einbeziehung von NGOs in den Vergabeprozess sein. Im Fall der WM in Katar war dies offensichtlich nicht der Fall.

Die Mitgliederversammlung spricht sich klar und eindeutig für einen Boykott der deutschen Nationalmannschaft bei der WM 2022 in Katar aus. Der DFB darf als Repräsentant unseres Landes durch seine Teilnahme an der WM sowohl die Vergabe als auch die menschenrechtsverletzenden Um- und Zustände beim Bau der Stadien sowie im Land Katar insgesamt nicht nachträglich legitimieren und sich dafür hergeben, dass ein autoritäres Regime wie Katar im Licht der Weltöffentlichkeit davon profitiert und sein Image aufzubessern sucht. Ferner erwartet die Mitgliederversammlung, dass der DFB in den Gremien der FIFA energisch für eine nachhaltige Reform der Vergabepraxis zukünftiger Fußball-Weltmeisterschaften eintritt.

Unabhängig davon, ob die WM in Katar stattfinden wird oder nicht, werden wir - der Verein Fortuna Düsseldorf, seine Mitglieder und seine Fans - weiterhin konsequent und weltweit für die Achtung der Menschenrechte eintreten. Wir wollen uns auch weiterhin über dieses Thema bis zur WM austauschen und fordern jeden engagierten Fußballfan auf, sich an diesem Diskurs zu beteiligen.

CSD Berlin gegen WM in Katar

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Der Berliner Christopher Street Day e.V. hat folgende Resolution zur WM in Katar veröffentlicht:

Für Menschenrechte konsequent einstehen – auch bei der Fußballweltmeisterschaft 2022 in Katar. 

Auch in Katar, dem Austragungsland der Fußballweltmeisterschaft 2022, droht die Todesstrafe für queere Menschen. In Katar findet Missachtung und Einschränkung von Menschenrechten statt – nicht nur von LGBTQIA*, sondern auch von Frauen und Arbeitsmigrant*innen. Besser wäre es gewesen, die Spiele im Vorfeld abzusagen und damit auch der FIFA, die für die Vergabe des Sportfestes in Katar verantwortlich ist, die rote Karte zu zeigen. Politik und Zivilgesellschaft sind nun dazu aufgefordert, die Fußballweltmeisterschaft 2022 zu einem Fest der universellen Menschenrechte und gegen die Diskriminierung von queeren Menschen zu machen: Durch friedliche Proteste und eine klare politische Haltung. Fußball hat eine weltweite Vorbildunktion für junge Menschen. Die Auswahl der Austragungsorte ist erschreckend und zeigt häufig, dass die obersten Prioritäten Geld und Macht sind. Diese Prioritäten führten nun auch dazu, dass Länder als Austragungsorte den Zuschlag erhalten, in denen es unter Strafe steht, seine persönliche Identität und Sexualität offen auszuleben. Um Menschenrechte zu stärken, fordern wir den DFB auf, seine Stimme im Exekutivkomitee ausschließlich im Sinne der Menschenrechte zu vergeben.

Die Austragung der WM in Qatar verurteilen wir aufs Schärfste und fordern die teilnehmenden Offiziellen auf, ihre Stimme und Sichtbarkeit zu nutzen und somit ein Zeichen gegen Diskriminierung und die offensichtliche Missachtung von Menschenrechten zu setzen.

Wir fordern die Bundesregierung auf, eine klare politische Haltung gegen die Teilnahme an der WM in Qatar zu beziehen. LGBTQIA*-Rechte sind Menschenrechte. Diese beinhalten selbstverständlich auch Frauenrechte, Rechte von Arbeitsmigrant*innen und das Arbeitsrecht. Menschenrechte dürfen nicht diskutiert werden.

KATAR 2021 – Jahresbericht von Amnesty International

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Trotz staatlicher Reformen waren Arbeitsmigrant_innen 2021 weiterhin von Ausbeutung betroffen und hatten Schwierigkeiten, ihren Arbeitsplatz frei zu wechseln. Im Vorfeld der Fußballweltmeisterschaft 2022 schränkten die Behörden das Recht auf Meinungsfreiheit noch stärker ein. Frauen sowie lesbische, schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen (LGBTI+) wurden sowohl durch Gesetze als auch im täglichen Leben weiterhin diskriminiert.

Ein Jahresbericht von Amnesty International, vorgelegt am 29.3.2022

Hintergrund

Die diplomatische Krise in der Golfregion, die 2017 begann, als sich Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrain und Ägypten gegen Katar verbündeten, wurde im Januar 2021 beigelegt.

Im Juli 2021 ratifizierte Emir Tamim bin Hamad bin Khalifa Al Thani ein Gesetz, das erstmals Wahlen ermöglichte, um 30 der insgesamt 45 Mitglieder des Schura-Rats zu bestimmen. Bei dem Gremium handelt es sich um eine beratende Versammlung, die als eine Art Parlament fungiert, jedoch keine Gesetze verabschieden darf. Aufgrund des diskriminierenden Staatsbürgerschaftsrechts durften allerdings nur Personen kandidieren und abstimmen, deren Großväter in Katar geboren wurden. Die Wahlen fanden am 2. Oktober 2021 statt; es wurden keine Frauen gewählt. (…)

Rechte von Arbeitsmigrant_innen

Trotz anderslautender Zusicherungen versäumte es die Regierung, Reformen einzuführen und durchzusetzen, was dazu führte, dass ausbeuterische Praktiken und die schlimmsten Elemente des Sponsorensystems (kafala) fortbestanden.

Arbeitsmigrant_innen sahen sich manchmal mit unüberwindbaren bürokratischen Hindernissen und Anforderungen konfrontiert, wenn sie ihren Arbeitsplatz wechseln wollten, ohne ihre aktuellen Arbeitgeber_innen um Erlaubnis zu fragen, obwohl deren Zustimmung nicht mehr gesetzlich vorgeschrieben war. Die Regierung teilte im Dezember mit, seit den Reformen im September 2020 hätten 242.870 Arbeitsmigrant_innen ihren Arbeitsplatz wechseln können. Sie gab jedoch nicht an, wie vielen Arbeitsmigrant_innen es tatsächlich gelungen war, den Arbeitsplatz ohne Zustimmung ihrer Arbeitgeber_innen zu wechseln – Informationen, die jedoch unabdingbar sind, um festzustellen, ob es Fortschritte gab.

Noch schwieriger war die Situation weiterhin für weibliche Hausangestellte, die im Haushalt ihrer Arbeitgeber_innen lebten, da ihre Unterkunft gleichzeitig ihr Arbeitsplatz war und sie weitgehend von der Außenwelt abgeschnitten waren.

Das System räumte Arbeitgeber_innen nach wie vor weitgehende Befugnisse ein. So überwachten sie u.a. die Einreise und den Aufenthalt der Arbeitsmigrant_innen. Ausbeuterische Arbeitgeber_innen konnten Aufenthaltsgenehmigungen annullieren und Arbeitsmigrant_innen wegen "Weglaufens" (unerlaubtem Verlassen des Arbeitsplatzes) bei der Polizei anzeigen, was deren legalen Aufenthaltsstatus gefährdete.

Im Mai 2021 richtete das Arbeitsministerium eine Online-Plattform ein, die es Arbeitsmigrant_innen ermöglichen sollte, Beschwerden einzureichen.

Trotz der Einführung eines neuen Mindestlohns und von Maßnahmen zur Überwachung der Lohnzahlungen wurden Arbeitsmigrant_innen weiterhin von Arbeitgeber_innen um ihren Lohn betrogen, ohne dass sie sich rechtlich dagegen wehren konnten. Arbeitsmigrant_innen erhielten nur schleppend Zugang zur Justiz, und wenn sie ihn erhielten, führte dies nur selten zu einem wirksamen Rechtsbehelf. Der Unterstützungsfonds, der eingerichtet worden war, um Arbeitsmigrant_innen zu helfen, denen man ihre Löhne vorenthalten hatte und die ihre Klagen vor den Ausschüssen zur Beilegung von Arbeitsstreitigkeiten gewonnen hatten, arbeitete auf Ad-hoc-Basis und ließ die Betroffenen im Unklaren darüber, ob und wann der Fonds für ihre ausstehenden Löhne aufkommen würde.

Im April 2021 traten die Beschäftigten eines Sicherheitsunternehmens in den Streik, um dagegen zu protestieren, dass sich ihr Arbeitgeber nicht an den neuen Mindestlohn hielt. Staatsnahe Medien berichteten, die Regierung habe den Fall untersucht und festgestellt, dass die Löhne des Unternehmens die gesetzlichen Anforderungen erfüllten. Die Behörden unterließen es weiterhin, den Tod Tausender Arbeitsmigranten gründlich zu untersuchen, die in den vergangenen Jahren plötzlich und unerwartet gestorben waren, obwohl sie vor ihrer Einreise nach Katar die vorgeschriebenen medizinischen Tests bestanden hatten. Diese Unterlassung bedeutete, dass Katar ein zentrales Element des Rechts auf Leben nicht schützte, denn es ließ sich nicht feststellen, ob der Tod der Männer im Zusammenhang mit ihren Arbeitsbedingungen stand. Außerdem blieb den Hinterbliebenen dadurch die Möglichkeit verwehrt, von den Arbeitgeber_innen oder den katarischen Behörden eine Entschädigung zu erhalten.

Recht auf Bildung einer Gewerkschaft

Arbeitsmigrant_innen war es nach wie vor untersagt, Gewerkschaften zu gründen oder ihnen beizutreten. Stattdessen führten die Behörden gemeinsame Ausschüsse zur Interessenvertretung von Beschäftigten ein. Diese unter der Leitung von Arbeitgeber_innen stehende Initiative wurde dem Grundrecht von Beschäftigten, Gewerkschaften zu gründen und ihnen beizutreten, in keiner Weise gerecht.

Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit

Die Behörden schränkten das Recht auf freie Meinungsäußerung 2021 weiterhin ein und nutzten vage formulierte Gesetze, um kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen.

Am 4. Mai 2021 ließen die Behörden den kenianischen Wachmann und Blogger Malcolm Bidali verschwinden, der sich für die Rechte von Arbeitsmigrant_innen eingesetzt hatte. Sie hielten ihn einen Monat lang in Einzelhaft und verweigerten ihm den Zugang zu einem Rechtsbeistand. Am 14. Juli verurteilte ihn der Oberste Justizrat auf Grundlage des umstrittenen Gesetzes über Internetkriminalität wegen "Veröffentlichung falscher Nachrichten mit der Absicht, das öffentliche System des Staats zu gefährden" zu einer Geldstrafe. Der Strafbefehl wurde erlassen, ohne dass Malcolm Bidali angeklagt, vor Gericht gestellt oder über die gegen ihn erhobenen Vorwürfe informiert worden war. Er verließ Katar am 16. August, nachdem er die hohe Geldstrafe entrichtet hatte.

Anfang August 2021 protestierten Angehörige des al-Murra-Stamms und anderer Bevölkerungsgruppen dagegen, dass sie von den Wahlen zum Schura-Rat ausgeschlossen waren. Am 8. August teilte das Innenministerium mit, man habe sieben Männer festgenommen und der Staatsanwaltschaft übergeben, weil sie Soziale Medien genutzt hätten, um "falsche Nachrichten zu verbreiten und ethnische und Stammeskonflikte zu schüren". Einige der Männer wurden freigelassen, andere blieben in Haft ohne Zugang zu ihren Rechtsbeiständen.

Im November 2021 inhaftierten die Behörden zwei norwegische Journalisten, die zur Situation von Arbeitsmigrant_innen recherchierten. Ihnen wurde vorgeworfen, unbefugt Privatgrundstücke betreten und dort gefilmt zu haben, was die Journalisten bestritten. Man verhörte sie zu ihrer Arbeit und beschlagnahmte ihre gesamte Ausrüstung. Nach 36 Stunden kamen sie frei, ohne dass Anklage gegen sie erhoben worden wäre.

Zu einem früheren Zeitpunkt ihrer Reise hatten die beiden Journalisten ein Interview mit Abdullah Ibhais verabredet, dem ehemaligen Kommunikationsdirektor des Organisationskomitees der Fußballweltmeisterschaft 2022 in Katar. Er wurde jedoch am 15. November wenige Stunden vor dem geplanten Interview festgenommen. Seine willkürliche Festnahme erfolgte, als er Rechtsmittel gegen eine fünfjährige Haftstrafe einlegte, die nach einem unfairen Verfahren gegen ihn ergangen war. Das Urteil basierte auf einem unter Zwang erpressten „Geständnis“, das er abgelegt hatte, ohne dass ein Rechtsbeistand anwesend war. Am 15. Dezember wies ein Gericht seine Berufung zurück und verurteilte ihn zu drei Jahren Haft.

Rechte von Frauen und Mädchen

Frauen wurden durch Gesetze und im täglichen Leben weiterhin diskriminiert. Aufgrund des Vormundschaftssystems waren sie nach wie vor an ihren männlichen Vormund gebunden – in der Regel war dies ihr Vater, Bruder, Großvater oder Onkel bzw. bei verheirateten Frauen ihr Ehemann. Bei wichtigen Lebensentscheidungen benötigten sie die Erlaubnis ihres männlichen Vormunds, so z.B., wenn sie heiraten, mit einem staatlichen Stipendium im Ausland studieren oder eine Arbeitsstelle im öffentlichen Dienst antreten wollten. Dasselbe galt für Auslandsreisen bis zu einem bestimmten Alter und für die Inanspruchnahme einiger Dienstleistungen im Bereich der reproduktiven Gesundheit.

Das Familienrecht diskriminierte Frauen weiterhin, indem es ihnen die Scheidung erschwerte. Geschiedene Frauen konnten weiterhin nicht als Vormund ihrer Kinder handeln.

Nachdem die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch im März 2021 einen Bericht über die Diskriminierung von Frauen in Katar veröffentlicht hatte, erklärte die Regierung, die darin aufgeführten Beispiele für Diskriminierung seien nicht zutreffend und würden den gesetzlichen Bestimmungen widersprechen. Die entsprechenden Fälle würden untersucht und Verstöße strafrechtlich verfolgt. Bis Ende 2021 hatten jedoch keine Ermittlungen diesbezüglich stattgefunden.

Die 23-jährige katarische Staatsangehörige Noof al-Maadeed, die 2019 in Großbritannien einen Asylantrag gestellt hatte, weil sie in ihrer Familie misshandelt worden war, beschloss, nach Katar zurückzukehren, nachdem die Behörden ihr versichert hatten, sie würden sie schützen. Sie dokumentierte ihre Reise in den Sozialen Medien, veröffentlichte aber ab dem 13. Oktober keine Nachrichten mehr, nachdem sie Drohungen ihrer Familie bei der Polizei in Katar angezeigt hatte. Obwohl die Behörden beteuerten, sie sei in Sicherheit, blieb ihr Aufenthaltsort unbekannt, was zu Befürchtungen führte, sie könnte nicht ausreichend geschützt sein.

Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans- und Intergeschlechtlichen (LGBTI+)

„Unzucht“ und einvernehmliche sexuelle Handlungen zwischen Männern waren 2021 weiterhin eine Straftat, die mit bis zu sieben Jahren Haft geahndet werden konnte. Laut Paragraf 296 des Strafgesetzbuchs machte sich strafbar, wer, „einen Mann in irgendeiner Weise zu Unzucht oder Ausschweifung verleitet, anstiftet oder verführt“ und „einen Mann oder eine Frau in irgendeiner Weise zu verbotenen oder unmoralischen Handlungen verleitet oder verführt“.

Im Februar 2021 sagte die libanesische Rockband Mashrou' Leila, deren Leadsänger offen schwul lebt, ihren geplanten Auftritt auf dem Campus der Northwestern University in Doha wegen „Sicherheitsbedenken“ ab, nachdem in den Sozialen Medien schwulenfeindliche Äußerungen laut geworden waren.

Todesstrafe

Im Februar 2021 setzte der Emir die Hinrichtung eines tunesischen Mannes aus, der wegen Mordes zum Tode verurteilt worden war. Es gab im Jahr 2021 keine Berichte über Hinrichtungen.

Widerstand gegen Qatar-WM bei den Mitgliedern des 1. FC Köln

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Zur Mitgliederversammlung des 1. FC Köln am 6. November stellte FC-Mitglied Rolf Schoroth einen Antrag zur Fußball-WM in Qatar, um „sichtbare Zeichen“ des Protestes zu setzen. 84 Prozent der Anwesenden unterstützten den Antrag, die Vereinsmedien verschwiegen das Votum. Rolf Schoroth erläutert seine Beweggründe und die Vorgehensweise.

 

Worum ging es?

Ich habe beantragt, dass der 1. FC Köln sich innerhalb DFB dafür einsetzt, dass der DFB sichtbare Zeichen gegen die WM in Qatar setzt, weil diese Veranstaltung den Werten unseres Vereins widerspricht. Sichtbares Zeichen kann die Nichtteilnahme der Mannschaft oder von DFB-Funktionären am Turnier sein, das kann auch sein, dass DFB-Funktionäre nicht auf Ehrentribünen mit Vertretern des katarischen Regimes posieren. Die Fußball-EM 2021 hat gezeigt, dass sichtbare Zeichen und sichtbarer Protest für Werte nicht wirkungslos sind. Öffentlichkeit hilft, auf Themen aufmerksam zu machen und Werte zu unterstützen.

 

Warum habe ich nicht direkt einen Antrag beim DFB gestellt?

Der DFB rühmt sich zwar immer, mehr als sieben Millionen Mitglieder zu haben. Das trifft aber nicht zu. Nach DFB-Satzung sind Mitglieder des DFB allein die Landes- und Regionalverbände sowie die DFL. Ich als einzelnes Mitglied des 1. FC Köln bin kein Mitglied im DFB. Daher kann ich auch keinen Antrag beim DFB stellen. Der Weg zum DFB-Bundestag als oberstem Entscheidungsgremium führt über die Vereine und die Verbandsstrukturen des DFB.

Warum habe ich nicht beantragt, das Thema öffentlichkeitswirksam in die DFL einzubringen?

Mitglied in der DFL ist nicht der Verein, sondern unsere Lizenzspielerabteilung. Wir als Mitgliederversammlung hätten also den Vorstand bitten müssen, auf die Lizenzspielerabteilung zuzugehen, damit diese in der DFL tätig wird. Diesen Weg verbietet jedoch die Vereinssatzung des 1. FC Köln.

Was beschloss die Mitgliederversammlung?

Die Mitgliederversammlung stimmte mit 84% für den Antrag „Sichtbare Zeichen gegen Qatar-WM“.

Was machte der Verein nach der Mitgliederversammlung?

In seinem Bericht über die Mitgliederversammlung verschwieg der Verein das eindeutige Votum der Mitglieder zur Qatar-WM. Weder auf der Homepage noch im Liveticker wurden Antrag oder Beschluss erwähnt. Auf Nachfrage versicherte ein Vorstandsmitglied, dass das kein böser Wille gewesen sei. Weil sich die Medien meist aus den Mitteilungen des Vereins bedienen, gab es zu dem bemerkenswerten Beschluss so gut wie kein Medienecho. Transparenz, Öffentlichkeit und das Fördern einer öffentlichen Diskussion fanden nicht statt.

Und mein Fazit?

An der Fußballbasis gibt es deutlichen Widerstand gegen die Qatar-WM und gegen all die Auswüchse des modernen Fußballs, für die diese Veranstaltung steht. Die meisten Funktionäre wollen sich über Lippenbekenntnisse hinaus diesem unangenehmen Thema nicht stellen. Der Widerstand der Basis ist ihnen egal. Märkte und Moneten sind das, was für sie zählt. Es braucht daher mehr Protest, mehr Druck und mehr öffentliche Diskussion.

Antrag zur Mitgliederversammlung 2021 des 1. FC Köln e.V.:

Der Vorstand des 1. FC Köln e.V. setzt sich innerhalb des Deutschen Fußballbundes e.V. (DFB) dafür ein, dass der DFB ein sichtbares Zeichen gegen die Veranstaltung der FIFA-Fußballweltmeisterschaft 2022 (WM 2022) in Qatar setzt. Als Zeichen kämen neben einer Nichtteilnahme der Nationalmannschaft auch kreative, weniger harte Maßnahmen im nicht-sportlichen Bereich wie z.B. die Nichtteilnahme von DFB-Funktionären an der WM 2022 in Frage. Der 1. FC Köln e.V. setzt sich dafür ein, dass der Fußballverband Mittelrhein eine Beratung über Art und Umfang der Teilnahme an der WM 2022 in Qatar beim nächsten DFB Bundestag beantragt.

 

BEGRÜNDUNG

„Wir wollen Toleranz, Fairness, Offenheit und Respekt – immer und überall. Wir leben diese Grundsätze mit Stolz – jetzt und hier und überall.“

So steht es in unserer Effzeh-Charta.

Gegen die Ausrichtung der Fußball-WM 2022 in Qatar gibt es viele gute Gründe: Menschenrechtsverletzungen, Arbeitsbedingungen, Antisemitismus, Homophobie, Frauendiskriminierung usw. Die Verhältnisse in Qatar sind mit den Werten unseres Vereins unvereinbar. Die WM 2022 gibt Qatar die Gelegenheit, sich im Glanz des Sports modern und positiv zu präsentieren. Diese Gelegenheit sollte Qatar soweit wie möglich genommen werden.

Die Europameisterschaft 2021 hat verdeutlicht, wie wichtig es ist, für Toleranz, Fairness, Offenheit und Respekt einzutreten: weil sich Fußballverbände nicht konsequent dafür einsetzen, weil ihnen kommerzielle Interessen wichtiger sind.

Ich halte es für wichtig, ein sichtbares Zeichen gegen die WM in Qatar zu setzen. Ein sichtbares Zeichen sollte insbesondere der DFB setzen.

Ein sichtbares Zeichen könnte nicht nur die (wahrscheinlich unrealistische) Nichtteilnahme der Nationalmannschaft am WM-Turnier sein. Ein sichtbares Zeichen könnte auch darin bestehen, dass keine DFB-Funktionäre am WM-Turnier teilnehmen, dass keine DFB-Funktionäre neben Vertretern des dortigen Regimes auf den Tribünen zu sehen sind. Bei der Entwicklung von sichtbaren Protestformen ist auch seitens des DFB Kreativität gefordert.

Hierfür sollte sich der 1. FC Köln einsetzen und vielen Fans an der Basis eine Stimme verleihen: durch Gespräche mit dem DFB-Präsidium und durch einen Antrag innerhalb des Fußballverbandes Mittelrhein.

Lasst den Worten unserer Charta Taten folgen. 

Amnesty international fordert mehr internationalen Druck

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In weniger als anderthalb Jahren wird die Fußball-WM in Katar angepfiffen. Ein sportliches Großereignis, dem weltweit die Fans entgegenfiebern, dem viele Menschen aber wegen der Arbeitsbedingungen auf Katars WM-Baustellen äußerst kritisch gegenüberstehen. Die Fifa und die nationalen Verbände müssen den Reform-Druck auf Katar nun erhöhen.

Amnesty International arbeitet seit 2010 verstärkt zu Menschen- und Arbeitnehmer*innenrechten in Katar und dokumentiert die gravierenden Menschenrechtsverletzungen, aber auch die Reformschritte seit 2017, die ohne internationalen Druck so wohl nicht erfolgt wären.

Von spürbaren Verbesserungen der Arbeits- und Lebensbedingungen haben bislang vor allem die Arbeitsmigranten auf den WM-Baustellen profitiert – diese machen jedoch nur etwa 2 Prozent der Arbeitsmigrant*innen in Katar aus. Hausangestellte, Arbeitskräfte im Dienstleistungs-, Sicherheits- und Gastgewerbe leben und arbeiten in den meisten Fällen weiterhin äußerst prekär.

Begrüßenswerten Verbesserungen wie der Reform von Teilen des Kafala-Systems stehen erhebliche Reformlücken und Umsetzungsprobleme entgegen. Diese führen dazu, dass in der Realität zahllose Arbeitsmigrant*innen weiterhin von Missbrauch und Ausbeutung betroffen sind. 

Die Tücke liegt dabei wie so oft im Detail: So hat die katarische Regierung zwar die «Unbedenklichkeitsbescheinigung» für Arbeitnehmer*innen, die ihre Stelle wechseln wollen, abgeschafft. Allerdings geschieht es weiterhin regelmäßig, dass Arbeitsmigrant*innen, die die Stelle wechseln wollen, von ihren Arbeitgeber*innen wegen «Entlaufens» angezeigt werden. Dies ist nach katarischem Recht ein Straftatbestand.

Auch der Aufenthaltstitel der Arbeitsmigrant*innen hängt bis heute ausschließlich von den Arbeitgeber*innen ab: Weigern sich diese, die Aufenthaltsgenehmigung zu verlängern oder kümmern sich schlicht nicht darum, dann drohen den Arbeitsmigrant*innen Haft oder Deportation. Das Machtungleichgewicht zwischen Arbeitgeber*innen auf der einen und Arbeitsmigrant*innen auf der anderen Seite, das eine zentrale Ursache für Ausbeutung und Entrechtung ist, hat weiter Bestand.


Deshalb fordert Amnesty International von der katarischen Regierung:

  1. Die vollständige und effektive Umsetzung und Durchsetzung aller bisher eingeführten Arbeitsgesetze und Reformen.
  2. Die Abschaffung der «Ausreisegenehmigung» (Exit Visa) und der «Unbedenklichkeitsbescheinigung» (No-Objection Certificate) muss auf alle Arbeitskräfte ausgeweitet werden und darf nicht rückgängig gemacht werden.
  3. Der Straftatbestand des «Entlaufens» (absconding) muss abgeschafft werden.
  4. Das Aufenthaltsrecht muss dahingehend reformiert werden, dass Arbeitsmigrant*innen selbständig die Verlängerung ihres Aufenthaltstitels beantragen können. 
  5. Die regelmäßige und pünktliche Zahlung von angemessenen Löhnen muss gewährleistet werden. Dafür muss das Lohnschutzsystem (Wage Protection System) effektiv umgesetzt und auf Hausangestellte ausgeweitet werden. 
  6. Der «Worker Support and Insurance Fund» muss effektiv in die Praxis umgesetzt werden. Es muss Transparenz über die Funktionsweise sowie die ausgezahlten Leistungen hergestellt werden. 
  7. Der Mindestlohn für Arbeitsmigrant*innen muss regelmäßig und transparent überprüft und gegebenenfalls angepasst werden, um sicherzustellen, dass er existenzsichernd ist. 
  8. Die Durchsetzung von Arbeitsgesetzen und Reformen muss durch regelmäßige und strenge Überwachung durch Inspektoren sichergestellt werden. Dies schließt Kontrollen der Lebens- und Arbeitsbedingungen ein, namentlich die Lage der Hausangestellten in Privathaushalten. 
  9. Der Schutz von Hausangestellten als verletzlichste Gruppe von Arbeitsmigrant*innen muss gesichert werden. Staatliche Schutzräume müssen eingerichtet werden, in denen Frauen, die vor Gewalt und Übergriffen fliehen, Schutz finden.
  10. Für eine nachhaltige Verbesserung der Arbeitnehmer*innenrechte müssen Verletzungen des Arbeitsrechts durch Arbeitgeber*innen für diese rechtliche Konsequenzen einschließlich Bußgeldzahlungen nach sich ziehen. 
  11. Katar muss das Recht von Arbeitsmigrant*innen, Gewerkschaften zu gründen, respektieren und die entsprechenden Vorbehalte in Bezug auf internationale Verträge zurückziehen. 
  12. Der Zugang zur Justiz muss für Arbeitsmigrant*innen verbessert werden. Sammelklagen sollten zugelassen und die Anzahl der Ausschüsse zur Beilegung von Arbeitsstreitigkeiten erhöht werden.


Die Hauptverantwortung für die Wahrung der Menschenrechte in Katar liegt bei der Regierung. Aber die Fifa bekennt sich zu unternehmerischen Sorgfaltspflichten gemäß den Uno-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte und muss diesen auch in Hinblick auf die Fußball-WM in Katar nachkommen. Auch die nationalen Fußballverbände sind als Mitglieder der Fifa an menschenrechtliche Sorgfaltspflichten gebunden. 


Deshalb fordert Amnesty International von der Fifa:

  • dass sie durch eine eigene, unabhängige und regelmäßige Überwachung der WM-Projekte und -Standorte sicherstellt und dass die Menschenrechte bei der Organisation und Durchführung der Fußball-WM geachtet werden.
  • dass sie ihren Einfluss nutzt, um Katar dazu zu bewegen, bestehende Reformen unverzüglich umzusetzen und drohende Rückschritte für Arbeitnehmer*innenrechte zu verhindern.
  • dass sie sich öffentlich für Reformen und Menschenrechte einsetzt und Reform- und Umsetzungslücken klar und öffentlich anspricht.
  • dass sie sich dafür einsetzt, dass die Anklagen gegen den Arbeitsrechtsaktivsten Malcom Bidalifallengelassen werden.
  • dass sie die Gewährleistung der Menschenrechte in all ihren Entscheidungen und Gremien weiter stärkt. Amnesty International würdigt die in diesem Bereich erreichten Fortschritte und sieht in der weiteren Stärkung und Umsetzung der Menschenrechts-Policy der Fifa Potential für einen echten Fortschritt.


Amnesty International fordert von den nationalen Fußballverbänden:

  • dass sie sich kontinuierlich und öffentlich für die Einhaltung der Menschenrechte in Katar einsetzen und bestehende Missstände klar ansprechen.
  • dass sie sicherstellen, dass vor Ort in Anspruch genommene Dienstleistungen (Hotel, Transfer, Sicherheit etc.) menschen- und arbeitsrechtskonform erbracht werden.
  • dass sie sich gemeinsam für die Verbesserung der Menschenrechtssituation in Katar einsetzen. Die bestehenden Bündnisse gilt es nun über Transparenz und die verbindliche Einbindung von unabhängigen Menschenrechtsorganisationen zu stärken. Die Bündnisse dürfen kein Feigenblatt sein, sondern müssen einen realen Druck für positive Veränderungen aufbauen.
  • dass sie sich dafür einsetzen, dass die Anklagen gegen den Arbeitsrechtsaktivsten Malcom Bidali fallengelassen werden.


Katar hat mit der Bewerbung um die Fußballweltmeisterschaft 2022 das internationale Scheinwerferlicht gesucht, das sich seitdem auch auf die Lage der Menschenrechte im Emirat richtet. Die weltweite Aufmerksamkeit gilt es nun zu nutzen, um die alltägliche Realität der Arbeitsmigrant*innen in Katar positiv und über das Jahr 2022 hinaus zu verändern.

Amnesty International, Juni 2021

KSV HESSEN KASSEL BOYKOTTIERT DIE FUSSBALL-WM DER MÄNNER 2022 IN KATAR

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Der Regionalliga-Verein KSV Hessen Kassel hat im Mai 2022 einen Beschluss gefasst, der Vorbildfunktion für andere Vereine haben sollte:


Der KSV Hessen Kassel lehnt die Austragung der FIFA-Fußballweltmeisterschaft der Männer 2022 in Katar ab. Er wird im Rahmen seiner öffentlichen Aktivitäten die unhaltbaren Zustände auf den Baustellen der WM sowie die allgemeine Menschenrechtssituation in Katar kritisieren und darauf hinweisen, dass die FIFA und alle anderen Beteiligten mit der Durchführung der WM in diesem Land die Werte des Sports und des Fußballs mit Füßen tritt. Der KSV Hessen Kassel erklärt, dass er aus seinen Reihen keine Spieler für die Nationalmannschaften abstellen wird – weder für die deutsche Nationalmannschaft noch für ein anderes Land. Der KSV Hessen Kassel wird sich nicht an „Public Viewings“ beteiligen und ruft seine Mitglieder- und Anhängerschaft auf, den Boykott zu unterstützen. Wer den KSV Hessen liebt, liebt den Fußball. Und wer den Fußball liebt, muss Katar 2022 boykottieren!

Was zuviel ist, ist zuviel: Seit vielen Jahren kritisieren viele Fanszenen sowie kritische Journalist*innen das Verhalten von Funktionär*innen von FIFA, UEFA und DFB. Es geht meist um die Kommerzialisierung des Fußballs, die Aufgabe von sportlichen Werten und die damit einhergehende Entfremdung des Fußballs von den Fans. Mit dem Vorhaben der FIFA, ihre Fußballweltmeisterschaft der Männer 2022 in Katar auszutragen, erreicht der Verrat von sportlichen und politischen Werten des Fußballs aber eine neue Qualität, die für uns nicht hinnehmbar ist. Es ist an der Zeit, sich zu positionieren und ein Zeichen zu setzen.

Bereits seit einigen Jahren sind die unhaltbaren Zustände auf den Baustellen der WM in Katar bekannt. Im Zuge der Austragung der FIFA-Klub-WM im Februar 2021, an dem der FC Bayern München den europäischen Fußballverband als Champions-League-Sieger vertrat, stieg die Aufmerksamkeit auf die Situation im Land: Mindestens 6.500 Arbeitsmigrant*innen aus Indien, Nepal, Bangladesch, Sri Lanka und Pakistan sind beim Bau der Stadien und der Infrastruktur ums Leben gekommen. Wer überlebt, geht durch die Hölle: Den Arbeiter*innen werden die Löhne vorenthalten, die Pässe abgenommen, ihnen wird die Ausreise verwehrt. Sie sind Sklaven eines autoritären Regimes, dass sich nicht um Menschenrechte schert: Homosexualität wird mit Gefängnis bestraft, Jüdinnen und Juden wird die Einreise verwehrt, Gewerkschaften sind verboten, Frauenrechte ein Fremdwort, Terrorgruppen werden offen unterstützt und finanziert. 

Aus Sicht nationaler wie internationaler Fußballfunktionär*innen ist die Austragung der Weltmeisterschaft in diesem Unrechtsstaat kein Problem. Korruption, Unterdrückung, Folter, Intoleranz, Sklaverei, Ausbeutung, Antisemitismus und vieles mehr – FIFA und DFB nahmen und nehmen alles unwidersprochen hin. Andere Länder, andere Sitten? Die Kampagnen der Fußballverbände für Respekt und Toleranz, gegen Rassismus und Ausgrenzung wirken vor dem Hintergrund der Zustände im Gastgeberland wie ein Hohn und entbehren jedweder Glaubwürdigkeit. 

Es ist an der Zeit, dass sich alle, die den Fußball lieben, positionieren und Haltung zeigen. Jede und jeder hat es bei dieser WM selbst in der Hand zu entscheiden, was er/sie von der kriminellen Kollaboration des Emirats mit dem internationalen Fußball hält. Kann man unbeschwert sein Fähnchen schwenken und sich zum „Public Viewing“ treffen, wenn man weiß, dass in den errichteten Stadien Tausende von Menschen ihr Leben gelassen haben? Wir sagen: Nein! Unsere Antwort lautet: Boykott – und zwar auf allen Ebenen!

Daher macht der KSV Hessen Kassel den Auswahlmannschaften der nationalen Fußballverbände klar, dass er für dieses unwürdige Schauspiel keine Spieler abstellen wird. Unsere Jungs bleiben zuhause! Stattdessen treten der KSV Hessen, seine Spieler*innen und Mitgliedern in einen öffentlichen Dialog und werben für ihre Vorstellung von Fußball: regional, respektvoll, ehrlich, weltoffen und bodenständig. Der KSV wird sich an regionalen Aktivitäten und Bündnissen mit anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren beteiligen, die sich kritisch mit der Austragung der WM auseinandersetzen. Er unterstützt Veranstaltungen und Aktionen und initiiert gegebenenfalls selbst eigene Formate. Er wirkt daran mit, dass dem Turnier das größtmögliche Desinteresse entgegengebracht wird. Und er wirbt bei anderen Amateur- und Profivereinen um Unterstützung. Dieser Beschluss der Gremien des KSV Hessen Kassel erfolgte auf Vorschlag der Fangruppe „Blog36“ und des Fanprojekts „Fullestadt“ Kassel, dem der KSV gerne gefolgt ist.

Katar: Männliche Vormundschaft schränkt Frauenrechte stark ein

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Diskriminierende Regeln für Frauen beim Heiraten, Studieren, Arbeiten und Reisen

Bericht von Human Rights Watch, 29.3.2021

 

Das diskriminierende System der männlichen Vormundschaft in Katar verwehrt Frauen das Recht, zahlreiche wichtige Entscheidungen über ihr Leben zu treffen, so Human Rights Watch in einem kürzlich veröffentlichten Bericht.

Der 94-seitige Bericht, „Everything I Have to Do is Tied to a Man: Women and Qatar’s Male Guardianship Rules“ analysiert die offiziellen Regeln zur männlichen Vormundschaft und wie diese in der Praxis umgesetzt werden. Human Rights Watch fand heraus, dass Frauen in Katar die Erlaubnis ihres männlichen Vormunds einholen müssen, um zu heiraten, mit staatlichen Stipendien im Ausland zu studieren, in vielen öffentlichen Jobs zu arbeiten, bis zu einem bestimmten Alter ins Ausland zu reisen und einige Formen der reproduktiven Gesundheitsversorgung zu erhalten. Das diskriminierende System verweigert Frauen auch das Recht, als primärer Vormund ihrer Kinder zu handeln, selbst wenn sie geschieden sind und das Sorgerecht für die Kinder haben. Diese Einschränkungen verstoßen gegen die Verfassung Katars und gegen internationales Recht.

„Frauen in Katar haben schon einige Hürden überwunden und bedeutende Fortschritte in Bereichen wie Bildung erzielt, aber sie müssen sich noch immer mit staatlichen Regeln zur männlichen Vormundschaft  herumschlagen, die sie darin einschränken, ein erfülltes, produktives und unabhängiges Leben zu führen“, sagte Rothna Begum, leitende Frauenrechtsforscherin bei Human Rights Watch. „Die männliche Vormundschaft stärkt die Macht und Kontrolle, die Männer über das Leben und die Entscheidungen von Frauen haben. Sie kann Gewalt fördern oder schüren und lässt Frauen nur wenige Möglichkeiten, dem Missbrauch durch ihre eigenen Familien und Ehemänner zu entkommen.“

Die Ergebnisse von Human Rights Watch basieren auf einer Prüfung von 27 Gesetzen sowie von diversen Verordnungen, Richtlinien, Formularen, schriftlicher Kommunikation mit der Regierung und 73 Interviews, darunter 50 ausführliche Gespräche mit vom Vormundschaftssystem betroffenen Frauen. In schriftlichen Mitteilungen, die im Februar und März 2021 verschickt wurden, bestätigten Regierungsvertreter zahlreiche der Feststellungen. Andere wurden von der Regierung bestritten, obwohl sie von Human Rights Watch eindeutig belegt wurden.

Katars Gesetze verlangen, dass Frauen die Erlaubnis eines männlichen Vormunds einholen müssen, um zu heiraten, und zwar unabhängig von ihrem Alter oder ihrem früheren Familienstand. Sobald eine Frau verheiratet ist, kann sie als „ungehorsam“ betrachtet werden, wenn sie nicht die Erlaubnis ihres Mannes einholt, bevor sie eine Arbeit aufnimmt, verreist oder das Haus verlässt, oder wenn sie sich weigert, mit ihm Sex zu haben, ohne hierfür einen „legitimen“ Grund zu nennen. Männer können mit bis zu vier Frauen gleichzeitig verheiratet sein, ohne dass sie hierfür die Erlaubnis eines Vormunds oder ihrer aktuellen Ehefrauen benötigen.

Frauen können zu keiner Zeit als primärer Vormund ihrer eigenen Kinder auftreten. Sie haben keine Befugnis, unabhängige Entscheidungen in Bezug auf die Dokumente, Finanzen, Reisen und bisweilen auch die Schulbildung und medizinische Versorgung ihrer Kinder zu treffen. Dies gilt auch, wenn die betroffene Frau geschieden ist und ein Gericht ihr das Sorgerecht für die Kinder zugesprochen hat, oder wenn der leibliche Vater verstorben ist. Hat das Kind keinen männlichen Verwandten, der als Vormund fungiert, so übernimmt der Staat diese Rolle.

Die gesetzliche Diskriminierung in Bezug auf Ehescheidungen und Entscheidungen bezüglich der Kinder führt dazu, dass viele Frauen in Beziehungen mit gewalttätigen Partnern gefangen sind und oft jahrelang auf eine Scheidung warten. Lässt eine Frau sich scheiden, kann sie eventuell nicht wieder heiraten, aus Angst, das Sorgerecht für ihre Kinder zu verlieren. So ist sie weiterhin von ihrem ehemaligen Ehemann abhängig, welcher der gesetzliche Vormund der Kinder bleibt.

Die befragten Frauen gaben an, dass ihre männlichen Vormunde ihnen verboten haben, im Ausland zu studieren oder gemischtgeschlechtliche Universitäten in Katar zu besuchen, was ihre Studienmöglichkeiten und ihre berufliche Zukunft einschränkt. Frauen benötigen indirekt die Erlaubnis des männlichen Vormunds, um staatliche Stipendien für eine höhere Ausbildung zu erhalten. Frauen berichteten, dass sie an der staatlichen, nach Geschlechtern getrennten Universität von Katar mit Einschränkungen konfrontiert waren. Sie brauchten unter anderem die Erlaubnis ihres Vormunds, um mit einem Taxi auf den Campus zu kommen oder ihn zu verlassen, um im Studentenwohnheim zu leben und um an Exkursionen im Rahmen ihres Studiums teilzunehmen.

Die Regierung erklärte in ihrer schriftlichen Antwort an Human Rights Watch, dass Frauen als Erziehungsberechtigte auftreten können, um Pässe oder Personalausweise für ihre Kinder zu erhalten und dass Frauen keine Erlaubnis ihres Vormunds benötigen, um ein Stipendium anzunehmen oder in Ministerien, Regierungsinstitutionen oder Schulen zu arbeiten. Auch sei keine Erlaubnis des Vormunds nötig, um an Exkursionen der Universität von Katar teilzunehmen, die Teil des akademischen Programms sind. Die Recherchen von Human Rights Watch, darunter Interviews und die Sichtung von Dokumenten, wie etwa Anträge von Schulen und Arbeitgebern auf eine entsprechende Erlaubnis des Vormunds, widersprechen jedoch diesen Behauptungen der Regierung.

Frauen in Katar berichteten Human Rights Watch, dass sie die Erlaubnis eines männlichen Vormunds benötigen, um in vielen staatlichen Stellen, einschließlich Ministerien und staatlichen Schulen, arbeiten zu können. Zwar schreibt kein Gesetz vor, dass Frauen eine Erlaubnis ihres Vormunds benötigen, um zu arbeiten, es gibt allerdings auch kein Gesetz, das die Diskriminierung von Frauen im Rahmen einer Einstellung verbietet.

Human Rights Watch fand heraus, dass unverheiratete katarische Frauen unter 25 Jahren eine Erlaubnis ihres Vormunds benötigen, um ins Ausland zu reisen, und dass Frauen jeden Alters von ihren Ehemännern oder Vätern ein Reiseverbot auferlegt bekommen können. Ein Mangel an Transparenz über die Regeln und mögliche Änderungen für Frauen in Bezug auf Reisen und andere Themen macht es schwierig, diese anzufechten. Im Jahr 2020 hielten Flughafenbeamte mehrere Frauen auf, die ohne einen männlichen Angehörigen reisten, und bestanden darauf, den jeweiligen männlichen Vormund anzurufen. Die Frauen sollten so beweisen, dass sie nicht „auf der Flucht“ waren. Die Behörden hielten sowohl unverheiratete Katarerinnen unter 25 Jahren mit gültigen Ausreisegenehmigungen als auch Frauen über 25 Jahren auf, für die offiziell keine solchen Genehmigungen vorgesehen sind.

Die Frauen sagten zudem, dass sie einen Heiratsnachweis vorlegen mussten, um Zugang zu diversen sexuellen und reproduktiven Gesundheitsleistungen zu erhalten, z. B. Schwangerschaftsvorsorge, vaginale Ultraschalluntersuchungen, Pap-Test und andere gynäkologische Vorsorgeuntersuchungen. Sie brauchten zudem die Zustimmung ihres Ehemannes für einige Formen der reproduktiven Gesundheitsfürsorge z.B. eine Sterilisation oder eine Abtreibung.

Einige Hotels lassen keine unverheirateten katarischen Frauen unter 30 Jahren in ihren Zimmern übernachten, wenn sie nicht in Begleitung eines männlichen Angehörigen reisen. Zudem ist katarischen Frauen die Teilnahme an verschiedenen Veranstaltungen sowie das Betreten von Orten, an denen Alkohol ausgeschenkt wird, untersagt.

Ausländische Frauen in Katar, deren Visum von ihrem Ehemann oder Vater abhängt, unterliegen ebenfalls Kontrollen, die mit der männlichen Vormundschaft vergleichbar sind. Frauen brauchen die Erlaubnis des jeweiligen Mannes, um ihren Führerschein zu machen, zu arbeiten oder ein Regierungsstipendium für ein Studium in Katar zu erhalten.

Die meisten der befragten Frauen sagten, dass die Regeln sie stark dabei einschränken, ein unabhängiges Leben zu führen. Einige sagten, das System schade ihrer psychischen Gesundheit und führe u.a. zu Selbstverletzungen, Depressionen, Stress und Suizidgedanken.

Frauen in Katar setzen sich immer stärker für ihre Rechte ein, vor allem im Internet. Aber Gesetze, die die Meinungs- und Versammlungsfreiheit einschränken, Einschüchterungen durch die Regierung und Belästigungen im Internet sind hierbei nach wie vor ein großes Problem, wie Human Rights Watch herausfand. Auch gibt es keine unabhängigen Frauenrechtsorganisationen im Land.

Die Regeln zur männlichen Vormundschaft widersprechen einigen von Katars eigenen Gesetzen, die das Ende der Vormundschaft auf 18 Jahre festlegen. Zudem verletzen diese Regeln die Verfassung und die Verpflichtungen des Landes gemäß internationaler Menschenrechtsnormen. Sie erschweren Katar auch die Verwirklichung seiner Nationalen Vision 2030, welche die langfristigen Ziele des Landes festlegt, darunter eine diversifizierte arbeitende Bevölkerung mit Karrieremöglichkeiten für katarische Frauen.

„Durch die Umsetzung der Regeln zur männlichen Vormundschaft lässt Katar die Frauen im Stich und fällt hinter seine Nachbarländer zurück, obwohl es einst in einigen Aspekten Vorreiter war“, sagte Begum. „Katar sollte alle Regeln, die Frauen diskriminieren, aufheben, diese Änderungen öffentlich machen, ein Antidiskriminierungsgesetz verabschieden und sicherstellen, dass Frauen die Möglichkeit haben, ihre Rechte einzufordern.“

Einzelne Schilderungen aus dem Bericht

„Nawal“, eine 32-jährige Katarerin, berichtete, dass sie, eine katarische Staatsbürgerin, beim staatlichen Heiratskommitee beantragt hatte, einen Ausländer nach katarischem Recht zu heiraten. Ihr Bruder weigerte sich jedoch als ihr Vormund, hierfür seine Erlaubnis zu erteilen. „Ich brauchte sein schriftliches Einverständnis und seine Unterschrift. Er fühlte sich irgendwie mächtig und weigerte sich“, sagte sie. „Wir hatten Streit miteinander, und er sagte: ‚Ich werde dir nicht helfen.‘“

Um Qahtan, eine 44-jährige Frau aus Katar, sagte, dass ihr Mann ihr gedroht hatte, ihre vier Kinder daran zu hindern, mit ihr zu reisen, und die Kinder von internationalen Schulen auf staatliche Schulen versetzen zu lassen, sollte sie sich von ihm trennen. Sie sagte, nachdem sie ihn verlassen hatte, „hat er beides getan“.

In einer Anhörung im Februar 2021 sagte sie, dass ein Richter ihren Antrag, ihren Sohn an eine andere Schule versetzen zu lassen, ablehnte. Seine Begründung war, dass er sich nicht in das „gottgegebene Recht des Vaters einmischen könne, zu entscheiden, wo sein Kind zur Schule geht.“

Sanaa“, eine 31-jährige Frau aus Katar, sagte: „Um ein Stipendium für ein Auslandsstudium zu bekommen, brauchst du die Erlaubnis deines Vormunds ... Sogar an der Universität von Katar brauchst du als Lehrassistentin die Erlaubnis deines Vormunds, die besagt, dass er nichts dagegen hat, dass du ins Ausland gehst und dein Studium dort weiterführst.“

Nayla“, eine 24-jährige katarische Lehrerin, beschrieb einen Teil ihres Einstellungsprozess im Jahr 2019 so: „Ich musste den Ausweis meines Vaters besorgen und eine Einverständniserklärung, dass er nichts dagegen hat, dass ich diesen Job annehme und dort arbeite… für das Bildungsministerium.“

Muna“, eine 32-jährige Frau aus Katar, sagte, dass die Behörden sie 2020 am Flughafen aufhielten und sagten: „Es gibt neue interne staatliche Vorschriften.“ Sie sagte, sie habe sich zunächst geweigert, die Nummer ihres Vaters anzugeben und argumentierte: „Was Sie tun, ist illegal, laut Gesetz darf ich reisen, wenn ich über 25 bin. Aber sie sagten, es sei im besten Interesse der inneren Staatssicherheit von Katar und im besten Interesse der Familien von Katar ... Dann gab ich ihnen die Nummer und hoffte, dass mein Vater wach ist, es war Mitternacht, und er ist 67... Wir sind Bürgerinnen dieses Landes und haben das Recht zu wissen, aufgrund welcher Gesetze man uns aufhält.”

Dana“, eine 20-jährige Frau aus Katar, sagte, sie war gezwungen zu lügen, als sie 18 Jahre alt war. Sie gab an, mit ihrem Freund verheiratet zu sein und hinterließ seinen Namen und seine Nummer, da sie nur so eine dringende medizinische Versorgung erhalten konnte, obwohl es nicht um sexuelle Aktivitäten ging. „Einmal hat mich ein Notarzt für einen Ultraschall in die Frauenklinik überwiesen“, sagte sie. „Ich hatte so starke Schmerzen, dass er dachte, mein Eierstock sei geplatzt. Aber ohne Trauschein wollten sie bei mir keinen vaginalen Ultraschall machen. Sie weigerten sich sogar, mich regulär zu untersuchen, weil ich nicht verheiratet war.“

„Nadine“, eine 33-jährige Britin mit Wohnsitz in Katar, sagte, dass sie seit ihrem 13. Lebensjahr an Endometriose leidet, diese aber in Katar erst ein paar Jahre nach ihrer Heirat diagnostiziert wurde. Sie gab an, dass das Gesundheitspersonal ihr nicht erlaubt hätte, sich ohne Heiratsurkunde bestimmten Untersuchungen zu unterziehen, wie etwa einem vaginalen Ultraschall, einem Pap-Test oder einer Gebärmutter-Biopsie. Sie sagte: „Man leidet im Stillen. Ich hatte furchtbare Schmerzen.“

„Katar ist die Hölle“

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Dortmunder Fans sind vor einiger Zeit in Kontakt gekommen mit einem jungen Kenianer namens Kennedy. Er hat eine Weile als Arbeitsmigrant in Katar verbracht, weil er sich, wie viele andere, von Versprechungen hat dorthin locken lassen. Seine Erfahrungen in Katar schildert er in einem eindrucksvollen Interview. Über Unterkünfte beispielsweise sagt er: „Die Verhältnisse dort waren schlimm. Wir lebten mit mehreren Menschen in einem viel zu kleinen Zimmer, welche verschmutzt, verschimmelt, undicht und voll mit Kakerlaken und Ratten war.“ Ihm wurde der Lohn vorenthalten, er wurde, weil er die Öffentlichkeit darauf aufmerksam machen wollte, massiv bedroht. Nur mit Mut und Glück gelang es ihm, außer Landes zu kommen. Sein Fazit: „Dieses Land verdient es nicht, ein internationales Turnier austragen zu dürfen.“

Das Interview erschien zunächst im Fanzine „Tacheles!“ von The Unity und wurde später auch auf „schwatzgelb“ veröffentlicht:

 

https://www.schwatzgelb.de/artikel/2021/eua-senf/katar-ist-die-hoelle

Journalisten und Qatar 2022

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In der Zeitschrift "Sportjournalist" berichtet Christoph Ruf über den Blick seiner Journalisten-Kollegen auf das Turnier 2022. Fazit: "Ein Turnier wie jedes andere kann es für den Sportjournalismus nicht sein." Ausführlich lässt der Autor auch unsere Initiative BocottQatar zu Wort kommen.

Lest den Text nach in diesem pdf

Grossbaustelle menschenrechte

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Katar möchte sich durch den Sport ein gutes Image geben, doch die Arbeitsbedingungen sind immer noch katastrophal. Während der öffentliche Druck auf den kommenden WM-Ausrichter steigt, halten Klubs wie der FC Bayern an ihren Kooperationen mit dem Golfstaat fest. Von einer Veranstaltung in Berlin, in der darüber informiert und diskutiert wurde, berichtete Nicole Selmer im Fußballmagazin „ballesterer“ (Nr. 150). Freundlicherweise hat sie uns angeboten, den Beitrag auf unsere Homepage zu stellen.

„HAND AUF, MUND ZU?“

„Arbeiterrechte sind Menschenrechte“, sagt der junge Mann auf dem Podium, er sagt es auf Englisch, es ist einer der Sätze an diesem Abend Mitte Janner, der den meisten Applaus erhalt. Die Rechte, um die es ihm geht, sind jene der südasiatischen Arbeiter auf den Baustellen der arabischen Halbinsel. Die Veranstaltung im Berliner Lokal Baiz ist sehr gut besucht, obwohl der Termin erst wenige Tage vorher angekündigt worden ist. Rund 80 Menschen drängen sich im Hinterzimmer, nicht für alle gibt es Sitzplätze.
„Hand auf, Mund zu? Katar, Menschenrechte und der FC Bayern“ lautet der Titel der Veranstaltung am Vorabend des Bundesliga-Spiels zwischen Hertha BSC und dem FC Bayern. Es ist die erste Runde im Jahr 2020, die Bayern sind vor einer Woche aus dem Trainingslager zurückgekehrt, das wie jeden Winter seit 2011 in Katar stattgefunden hat. Und wie jeden Winter seit 2011 protestieren auch heuer die Fans dagegen – mit Spruchbändern im Stadion und mit dieser Veranstaltung.
Die Fangruppe „Club Nr. 12“ aus München hat den Abend gemeinsam mit dem Berliner Verein Gesellschaftsspiele organisiert. Im Fokus stehen die zwei Gäste aus Nepal, Milan und Prasad, die eigentlich anders heißen. Vor einigen Tagen waren sie bereits bei einer Diskussion in München, die Reise wird von der Rosa-Luxemburg-Stiftung finanziert. Die beiden sind Aktivisten von Shramik Sanjal, einer 2018 gegründeten Interessensvertretung nepalesischer Arbeiter in den Golfstaaten. Sie wollen aufklaren, sagen sie dem ballesterer. Am Golf und in Europa. „Viele Arbeiter kennen ihre Rechte nicht“, sagt Prasad. Die Einschätzung wird durch Recherchen des norwegischen Fußballmagazins Josimar von 2018 bestätigt. Die Redakteure haben mit Arbeitern am Flughafen von Doha gesprochen und festgestellt, dass diese oft weder über die zulässige Wochenarbeitszeit und den Mindestlohn informiert sind noch über ihr Recht auf eine jährliche Heimreise.

SOFTE SKLAVEREI

Wie alle Länder der Region ist Katar massiv auf ausländische Arbeitskräfte angewiesen. Nur etwa zehn Prozent der rund 2,5 Millionen Menschen, die dort leben, haben einen katarischen Pass. Wer als Ausländer in Katar arbeitet, tut dies im Kafala-System. Ein Katari bürgt für die Arbeitnehmer, er ist für ihre Anreise und Unterkunft verantwortlich, sie sind von ihm abhängig und dürfen ohne seine Einwilligung weder den Job wechseln noch das Land verlassen. Moderne Sklaverei nennen das Gewerkschaften. Die katarische Regierung hat immer wieder angekündigt, das Kafala-System zu beenden. Im Herbst 2019 wurden Gesetzes Änderungen beschlossen, um eine selbstbestimmte Ausreise und einen Jobwechsel zu ermöglichen und regelmäßige Bezahlungen zu garantieren.
Doch Skepsis ist geboten. Das ist die wichtigste Botschaft bei der Diskussion in Berlin: Ja, es gibt Verbesserungen, aber nur für wenige. „Die Situation der meisten
Arbeiter ist noch genauso schlecht wie früher“, sagt Milan. Zustimmung kommt von Human Rights Watch. Die Menschenrechtsorganisation weist Mitte Februar in einer Aussendung auf ausbleibende Löhne bei WM-Bauprojekten hin. „Die Verantwortlichen scheinen mehr daran interessiert, ihre kleinen Reformen medial auszuschlachten als sie auch tatsachlich umzusetzen“, sagt Michael Page, Nahost-Direktor von Human Rights Watch.

„Bei einem Lohn von 300 bis 400 Euro im Monat habe ich zuerst die Schulden abarbeiten müssen, bevor ich überhaupt etwas verdient habe.“

Prasad, Shramik Sanjal

Das Kafala-System existiert nicht nur in Katar, sondern auch in Bahrain, dem Libanon, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Saudi-Arabien. Doch dort findet 2022 keine Fußball-WM statt. Mit der Vergabe des Turniers an Katar ist das Land ins Rampenlicht gerückt – in mehrfacher Hinsicht. Die WM ist ein Baustein der katarischen Soft-Power-Politik, sich über Investitionen in Sport, Wissenschaft und Kultur einen Platz auf der Landkarte zu sichern. Das sei, schreibt James Dorsey, Experte für Sport im Nahen Osten, die zentrale Sicherheitsstrategie, mit der sich Katar vor dem mächtigen Nachbar Saudi-Arabien schützt. „Sie fußt auf dem Wissen, dass das Land sich niemals militärisch verteidigen konnte. Der Sport dient dazu, Katar so in der internationalen Gemeinschaft zu verankern, dass die Welt in Zeiten der Not zu Hilfe eilen wurde.“ Wenige Tage nach der WM-Vergabe im Dezember 2010 wurde die Qatar Foundation Trikotsponsor des FC Barcelona. Im Janner 2011 reiste der FC Bayern erstmals zum Trainingslager in die Aspire Academy, in der Katar Talente für sein Nationalteam sichtet. Im Mai 2011 erwarb Qatar Sports Investments die Mehrheitsanteile von Paris Saint-Germain. In Katar fanden Radrennen, Tennis- und Golfturniere, die Handball-WM 2015 und die Leichtathletik- WM 2019 statt.

SCHULDENFALLE

Durch die internationale Aufmerksamkeit geriet auch in den Blick, wer den Preis für den Sportboom in Katar zahlt. Die Arbeitsbedingungen insbesondere auf den WM-Baustellen wurden von NGOs und Gewerkschaften kritisiert, zahlreiche Medienberichte widmen sich dem Thema. Bei der Veranstaltung in Berlin berichtet Milan über seine Erfahrungen. Er hat in Saudi-Arabien gearbeitet und ist häufiger in Katar gewesen. „Ich habe viele Vorurteile gegenüber nepalesischen Arbeitern erlebt – dass sie dreckig und gefährlich seien.“ Die Organisation Shramik Sanjal, zu Deutsch Arbeiternetzwerk, habe derzeit 500 Mitglieder, die sich vor allem unter Schwerarbeitern rekrutieren. Der Austausch funktioniert über Chats und Videotelefonie über verschiedene Länder hinweg. Die größten Probleme seien die schlechte Gesundheitsversorgung, ausbleibende Lohne und Schulden. Was der letzte Punkt bedeutet, erklärt Prasad. Er hat in Nepals Hauptstadt Kathmandu studiert und dort gearbeitet, bevor er nach Katar abgeworben wurde. „Für die Vermittlung und die Reise sollte ich 1.500 Dollar zahlen“, sagt er. „Bei einem Lohn von 300 bis 400 Euro im Monat habe ich zuerst die Schulden abarbeiten müssen, bevor ich überhaupt etwas verdient habe.“
Der Fußball habe großen Einfluss in Katar, betont ein weiterer Podiumsgast an diesem Abend, Nicolas McGeehan. Er hat sich für Human Rights Watch mit den Arbeitsbedingungen in der Golfregion beschäftigt und setzt auf öffentlichen Druck. „In Doha ist der FC Bayern sehr präsent“, sagt er. „Negative Presse beunruhigt die Kataris und den Verein.“ Kritik der Medien gibt es ebenso wie Proteste von den Fans seit dem ersten Trainingslager der Bayern in Katar. Lange stellte sich die
Klubführung auf den Standpunkt, dort nun einmal gute Trainingsbedingungen vorzufinden und vor Ort kritische Gespräche zu führen. 2016 schloss der Verein einen Sponsoringvertrag mit dem Flughafen von Doha. Vor Abschluss des Deals hatte der Klub die Expertise von Human Rights Watch eingeholt, McGeehan war einer der zuständigen Mitarbeiter. Die NGO warnte vor einem Imageschaden und riet dazu, im Fall einer Kooperation eine Verbesserung der arbeitsrechtlichen Bedingungen im Land zu fordern. Zu solch klaren Worten konnte sich der FC Bayern jedoch nicht durchringen. „Teil der Kooperation ist es, dass wir gemeinsam soziale Projekte und den Dialog über gesellschaftspolitisch kritische Themen fordern werden“, sagte Karl-Heinz Rummenigge. Bayerns Vorstandsvorsitzender hatte drei Jahre zuvor für wenig imageförderliche Schlagzeilen gesorgt, als er unverzollt Rolex-Uhren aus Katar ausgeführt hatte. Es waren Geschenke.

STUMME BAYERN

Der schärfsten Kritik war der FC Bayern 2015 ausgesetzt, als das Team im Janner ein Testspiel im Nachbarland Saudi-Arabien absolvierte. Man sei hier, um für die Leute zu spielen, sagte Trainer Pep Guardiola damals. Davon, dass saudischen Frauen Stadionbesuche verboten und kurz zuvor ein Regierungskritiker öffentlich ausgepeitscht worden war, sprach er nicht. Der Ausflug war ein Fehler, wie der Verein im Nachhinein erkannte. Und er ist korrigiert worden.
Zur Bekanntgabe der Partnerschaft mit dem Flughafen flogen 2016 nicht nur Rummenigge und Franck Ribery nach Doha, als Botschafterin für Gesellschaftspolitik war Lena Lotzen vom Frauenteam dabei. Die Anwesenheit der Teamspielerin markierte einen Wendepunkt in der Öffentlichkeitsarbeit der Bayern. Im Janner 2018 reisten nicht nur die Männer in die Aspire Academy, sondern auch die Frauen. Heuer waren die Spielerinnen zum dritten Mal in Katar, der Klub berichtete ausführlich über ihre Aktivitäten auf und neben dem Platz: Es standen Besuche in Museen und einer Mädchenschule, ein Training mit Spielerinnen aus Doha sowie Treffen mit UN-Vertretern auf dem Programm. „Hand in Hand: Fußball und Gleichberechtigung“, wie es auf der Klubwebsite heißt. Für seine gesellschaftspolitische Verantwortung hat der FC Bayern eine Inhouse-Lösung gefunden. Die Männer absolvieren ihr Trainingslager, ohne sich öffentlich mit den Rechten von Arbeitern und Frauen in Katar beschäftigen zu müssen.
Wie es anders gehen könnte, skizziert Nicolas McGeehan. „Ihr habt mit den Arbeitern gesprochen, sie gefragt, ob sie den Mindestlohn verdienen“, sagte er im Interview mit den Josimar-Journalisten. „Warum hat das niemand von den Bayern gemacht? Sie fliegen seit Jahren zum Flughafen in Doha, warum reden sie nicht einfach mit den Leuten dort, fragen nach ihren Löhnen und Unterkünften und den wöchentlichen Arbeitszeiten. Ist das so schwierig?“
Milan und Prasad sind nicht nach Deutschland gekommen, weil sie für einen WM-Boykott werben oder sich gegen die Trainingslager der Bayern aussprechen wollen. „Wir treffen Fans, Journalisten und Politiker und informieren sie“, sagt Prasad. „Ihre Solidarität ist wichtig, damit die Regierung in Katar Druck spürt.“ Die Reise der nepalesischen Aktivisten nach Deutschland wäre eine weitere Gelegenheit für die Bayern-Funktionäre gewesen, ins Gespräch zu kommen – nicht mit Vertretern des WM-Organisationskomitees oder der katarischen Regierung, sondern mit einer Interessensvertretung der Arbeiter. Der Klub lehnte eine Teilnahme an den öffentlichen Veranstaltungen ebenso ab wie ein Gespräch hinter verschlossenen Türen.

Copyright: Nicole Selmer/ballesterer

Korruption in der fifa

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Wer mal einen knappen, aber zuverlässigen Überblick will über den Bestechungssumpf rund um die FIFA erhalten will, wird bei der entsprechenden Seite von Wikipedia bestens bedient.

boykott-Aktionen gegen sportliche grossereignisse

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Olympia 1936:

Kleinere Boykottbewegungen in Skandinavien und Großbritannien sowie große Bewegung in USA aufgrund der antisemitischen Rassegesetze im Deutschen Reich. In den USA erzielt eine Petition gegen die Teilnahme eine halbe Million Unterschriften. Ach die American Athletic Union spricht sich für einen Boykott der Spiele aus. Avery Brundage, Vorsitzender des US-NOK (später wird er IOC-Präsident), selber Antisemit, kann sich bei Abstimmung im NOK durchsetzen, nachdem Deutschland die Teilnahme zweier „Halbjuden“ zugesagt hatte.

 

Olympia 1948:

Taiwan boykottiert die Spiele wegen der Teilnahme der VR China (dito 1976 und 1980).

 

WM 1958: 

Arabische und andere muslimisch geprägte Staaten in Asien weigern sich, in der WM-Qualifikation gegen Israel anzutreten. Israel ist damit ohne ein einziges Spiel für das Turnier in Schweden qualifiziert, doch verordnet die FIFA noch ein Quali-Spiel gegen Wales, das Israel verliert.

Der arabische Sportboykott gegen Israel führt dazu, dass die FIFA das Land vor den Turnieren 1954, 1962, 1966 und 1970 unterschiedlichsten, teils recht abstrusen Qualifikationsgruppen zuordnet. Als 1970 der asiatische Verband Israel definitiv von seinen Wettbewerben ausschließt, kommen die israelischen Fußballer in der UEFA unter.

 

WM 1966:

Unter den 16 Endrundenplätzen hat die FIFA 10 für Europa und 5 für Süd- bzw. Mittelamerika reserviert. Die gemeldeten Verbände aus Afrika, Asien und Ozeanien müssen um den einzigen verbliebenen Platz kämpfen. Nach ergebnislosen Nachverhandlungen mit der FIFA erklären alle 15 afrikanischen Länder ihren Rückzug aus der Qualifikation (ausgenommen Südafrika, das wegen der Apartheidpolitik von der FIFA suspendiert wird). So kämpfen am Ende nur Nordkorea und Australien um die Teilnahme.

 

Olympia 1968:

Afrikanische Staaten drohen mit Boykott, falls der Apartheid-Staat Südafrika teilnehmen darf (er wurde dann nicht eingeladen).

Olympic Project for Human Rights ruft wegen der Diskriminierung Schwarzer in den USA zum Boykott der Spiele auf.

Studenten im Austragungsland Mexiko wehren sich gegen Korruption und Repression und mobilisieren gegen die Spiele: „Wir wollen keine Olympischen Spiele, wir wollen eine Revolution.“ Polizei geht brutal gegen Studenten-Demo vor, vermutlich 250 werden erschossen bei einer Kundgebung auf dem Unigelände einige Tage vor Beginn der Spiele. Tausende werden anschließend eingesperrt und gefoltert. Für das IOC ist das kein Thema.

 

WM 1974:

Die UdSSR muss in der Qualifikation gegen Chile antreten, wo ein blutiger Militärputsch die gewählte Regierung Allende gestürzt hat. Austragungsort des Spiels in Chile soll das Nationalstadion sein, in dem Regierungsgegner gefangen gehalten und gefoltert worden waren. Die UdSSR-Fußballer weigern sich, dort anzutreten und werden von der FIFA disqualifiziert (bzw. das Spiel wird 2:0 für Chile gewertet).

 

Olympia 1976:

33 afrikanische Staaten boykottieren die Spiele, nachdem sich das IOC geweigert hat, Neuseeland auszuladen. Anlass sind das Fortbestehen der Sportbeziehungen zwischen Neuseeland und Südafrika sowie vor allem eine Tournee der Rugby-Nationalmannschat All Blacks durch den Apartheid-Staat, obwohl dieser zu diesem Zeitpunkt brutal gegen Apartheid-Gegner im eigenen Land vorgeht.

 

WM 1978:

Im Austragungsland Argentinien selbst sowie in zahlreichen (meist europäischen) Ländern kommt es zu Protestbewegungen gegen die brutale Militärdiktatur. Motto: „Fußball ja, Folter nein!“ Der niederländische Verband erwägt einen Boykott.

 

Olympia 1980:

USA und 65 weitere Staaten, darunter die Bundesrepublik Deutschland, boykottieren die Spiele in Moskau. Anlass dafür ist die Invasion sowjetischer Truppen ab Dezember 1979 im von Bürgerkrieg erschütterten Afghanistan. Der Bürgerkrieg wurde damit allerdings nicht beendet, sondern angefacht, stärkte die Islamisten und kostete eine Million Tote.

 

Olympia 1984:

Die Sowjetunion und 12 weitere Staaten, darunter die DDR, boykottieren die Spiele in Los Angeles. Vorangegangen waren der Abschuss einer südkoreanischen Passagiermaschine im sowjetischen Luftraum und darauf folgend die Aktivitäten konservativer Aktivisten in Kalifornien mit dem Ziel, sowjetische Athleten von internationalen Sportereignissen auszuschließen und stattdessen zur Flucht zu ermuntern.

 

Olympia 2000:

Im Austragungsland Australien breite Protestbewegung gegen die Spiele, insbesondere initiiert von Teilen der Aborigines. Die globalisierungskritische „Anti-Olympic Alliance“ umfasst linke Gruppen und das Rote Kreuz oder die Heilsarmee gleichermaßen. Während der Spiele versanden die Proteste.

 

Olympia 2010:

Breite Proteste gegen die Winterspiele in der Austragungsregion Vancouver. Anlass sind die Diskriminierung der Natives, die Weigerung des IOC, ein Frauen-Skispringen durchzuführen, sowie die ausufernden Kosten der Veranstaltung. Die „No Games 2010 Coalition“ errichtet Zeltstädte und betreibt einen Piratensender.

„Bekenntnis der fifa zu den menschenrechten“

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(Offizielle Erklärung vom Mai 2017)

 

1. 

Die FIFA bekennt sich zur Einhaltung der Menschenrechte gemäss den Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte der Vereinten Nationen. 

 

2. 

Zum Bekenntnis der FIFA zählen alle international anerkannten Menschenrechte, einschliesslich der Rechte, die in der Internationalen Charta der Menschenrechte (bestehend aus der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte sowie dem Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte) und der Erklärung der Internationalen Arbeitsorganisation über die grundlegenden Prinzipien und Rechte bei der Arbeit verankert sind. Bei möglichen negativen Auswirkungen auf die Menschenrechte von Angehörigen bestimmter Gruppen oder Bevölkerungsteile, die besondere Aufmerksamkeit erfordern, berücksichtigt die FIFA auch andere internationale Standards und Grundsätze, die die Rechte dieser Personen ausführen, ein-schliesslich insbesondere der Standards, die indigene Völker, Frauen, nationale, ethnische, religiöse und sprachliche Minderheiten, Kinder, Menschen mit Behinderung, Arbeitsmigranten und ihre Familien sowie Menschenrechtsaktivisten betreffen. Wenn sich ihre Tätigkeiten auf Gebiete mit bewaffneten Konflikten ausdehnen, befolgt sie auch die Standards des humanitären Völkerrechts. 

 

3. 

Getreu den UNO-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte ergreift die FIFA auf der Grundlage tiefgehender Sorgfaltsprüfungen Massnahmen, um im Rahmen ihrer Tätigkeiten weder negative Auswirkungen auf die Menschenrechte zu verursachen noch zu solchen beizutragen und etwaige Auswirkungen zu bekämpfen und zu korrigieren. Die FIFA ist zudem bestrebt, negative Auswirkungen auf die Menschenrechte, die über ihre Geschäfts-beziehungen einen direkten Bezug zu ihren Tätigkeiten, Produkten oder Dienstleistungen haben, zu vermeiden oder einzudämmen, selbst wenn sie nicht zu diesen Auswirkungen beigetragen hat. In Übereinstimmung mit den UNO-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte macht die FIFA, wann immer es im Zusammenhang mit negativen Auswirkungen auf die Menschen-rechte aufgrund ihrer Geschäftsbeziehungen nötig ist, ihren Einfluss geltend und versucht, diesen noch stärker zur Geltung zu bringen. Zu diesem Zweck prüft und nutzt die FIFA alle Optionen, die ihr bei diesen Beziehungen zur Verfügung stehen. 

 

4.

Die FIFA ist bestrebt, über ihre Pflicht zur Einhaltung der Menschenrechte gemäss UNO-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte hinauszuge­hen, indem sie Massnahmen ergreift, um die Menschenrechte zu schützen und deren Achtung positiv zu beeinflussen, insbesondere wenn sie ihren Einfluss geltend machen kann, um die Achtung der Menschenrechte zu verbessern, oder es die Förderung der Menschenrechte im oder durch den Fussball betrifft. 

 

5. 

Angesichts der Besonderheit ihrer Tätigkeiten entstehen negative Auswirkun­gen auf die Menschenrechte wahrscheinlich in erster Linie über die Beziehun­gen der FIFA mit anderen Unternehmen. Zu den grössten Menschenrechtsrisiken der FIFA gehören u. a.: 

Arbeitnehmerrechte: Die FIFA-Tätigkeiten sind personalintensiv. Die FIFA beschäftigt direkt mehrere hundert Personen. Ein Bezug zu Arbeitskräften besteht ferner über die Beziehungen der FIFA zu anderen Unternehmen und durch entsprechende Lieferketten, z. B. beim Bau von Stadien und Infrastruktur, bei der Bereitstellung von Unterkünften, Getränken und Verpflegung oder bei der Herstellung von Lizenzprodukten. Die FIFA ist bestrebt, höchste internationale Arbeitsstandards einzuhalten und zu fördern, insbesondere die Grundsätze, die in den acht Hauptkonventionen der Internationalen Arbeitsorganisation festgeschrieben sind. Sie hält sich in Bezug auf ihre eigenen Angestellten an entsprechende Verfahren und setzt sich dafür ein, dass Arbeitsstandards von ihren Geschäftspartnern und in direkt mit ihren Tätigkeiten verbundenen Bereichen, einschliesslich Lieferketten, eingehalten werden. 

Erwerb von Grundstücken und Wohnrechte: Der Bau von Infrastruktur für FIFA-Wettbewerbe sowie von Infrastruktur, die Mitgliedsverbände mit FIFA-Mitteln finanzieren, umfasst oft den Erwerb von Grundstücken. Auch wenn die Zuständigkeit dafür in erster Linie bei der Regierung des Landes liegt, in dem der jeweilige Wettbewerb stattfindet oder der für das Projekt zuständige Mitgliedsverband seinen Sitz hat, erwartet und fördert die FIFA die Einhaltung internationaler Menschenrechtsstandards, wenn der Grundstückserwerb Enteignungen und insbesondere die Umsiedlung von Menschen vorsieht. 

Diskriminierung: Diskriminierung ist im Fussball auf und neben dem Platz ein Problem. Die FIFA ist bestrebt, innerhalb der Organisation und bei all ihren Tätigkeiten ein diskriminierungsfreies Umfeld zu schaffen. Mit wirksamen Kontroll- und Vollzugsmechanismen bekämpft sie jede Form von Diskriminierung nach Massgabe von Art. 4 der FIFA-Statuten, wonach jegliche Diskriminierung eines Landes, einer Einzelperson oder von Perso­nengruppen aufgrund von Hautfarbe, ethnischer, nationaler oder sozialer Herkunft, Geschlecht, Behinderung, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Anschauung, Vermögen, Geburt oder sonstigem Stand, sexueller Orientierung oder aus einem anderen Grund verboten ist. Die FIFA achtet zudem besonders auf geschlechtsspezifische Ungleichbehandlungen, um diese zu bekämpfen, fördert die Gleichstellung von Frau und Mann und beugt allen Formen von Belästigung, einschliesslich sexueller Belästigung, vor. 

Sicherheit: Der Schutz von Personen, die an FIFA-Veranstaltungen teil­nehmen oder anderweitig daran beteiligt oder davon betroffen sind, kann bestimmte Grundrechte, wie das Recht auf Freizügigkeit, auf freie Meinungsäusserung oder auf Versammlungsfreiheit, tangieren. Die FIFA verpflichtet sich, zur Minderung solcher Auswirkungen mit den zustän­digen staatlichen und privaten Stellen im Gastgeberland zusammenzuar­beiten, um zu gewährleisten, dass die Auswirkungen wirklich nötig und verhältnismässig sind, und auf gerechtfertigte Sicherheitsbedenken einzu­gehen. Die FIFA ist bestrebt, ihren Einfluss bei den zuständigen Behörden zu nutzen, damit alle öffentlichen und privaten Stellen, die für FIFA-Veran-staltungen Sicherheitsleistungen erbringen, so geschult werden, dass sie ihre Aufgaben gemäss internationalen Sicherheits- und Menschenrechtss­tandards erledigen können. Die FIFA integriert diese Standards zudem in ihre Beziehungen zu privaten Sicherheitsunternehmen, die Teil ihrer Liefer­kette sind. 

Spielerrechte: Die oft kurze Karriere eines Profifussballers kann eine Gefahr für die Menschenrechte der Spieler, insbesondere hinsichtlich ihrer Beschäf­tigung und ihres Transfers, darstellen. Dies betrifft u. a. die rechtzeitige Zahlung von Gehältern, Doping und Spielmanipulation. Der grosse Traum von einer Profikarriere und finanzielle Verlockungen können ebenfalls negative Auswirkungen auf die Menschenrechte begünstigen, insbeson­dere bezüglich Handel und anderer Missstände im Zusammenhang mit Minderjährigen. Die FIFA verpflichtet sich, zum Schutz der Rechte von Fussballern beizutragen, überprüft die bestehenden Reglemente und Ver­fahren laufend und erwägt gegebenenfalls zusätzliche Massnahmen, um den entsprechenden Risiken zu begegnen. 

 

6. 

Die FIFA verankert ihr Bekenntnis zur Einhaltung der Menschenrechte nach Massgabe des nachfolgenden Menschenrechtsmodells innerhalb der Organisa­tion und nimmt fortlaufend Sorgfaltsprüfungen vor, um das Risiko einer Betei­ligung an negativen Auswirkungen auf die Menschenrechte zu erkennen, zu bekämpfen, zu beurteilen und zu melden. Die FIFA verpflichtet sich, bei nega­tiven Auswirkungen auf die Menschenrechte, die sie verursacht hat oder zu denen sie beigetragen hat, Wiedergutmachung zu leisten oder auf eine solche hinzuwirken sowie den Betroffenen Zugang zu Wiedergutmachung zu ver­schaffen, wenn sie über ihre Beziehungen zu Dritten anderweitig mit negati­ven Auswirkungen auf die Menschenrechte im Zusammenhang steht, und prüft zu diesem Zweck alle Optionen, die ihr zur Verfügung stehen. 

 

7. 

Wenn nationale und internationale Gesetze, Vorschriften und Menschen­rechtsstandards voneinander abweichen oder sich widersprechen, befolgt die FIFA unter Einhaltung nationaler Gesetze und Vorschriften den höheren Stan­dard. Wenn nationale Risiken die Möglichkeiten der FIFA, die Einhaltung inter­national anerkannter Menschenrechte zu garantieren, einschränken, arbeitet die FIFA konstruktiv mit den zuständigen Behörden und anderen Interessen­gruppen zusammen und unternimmt alles, um ihre internationalen Menschen­rechtspflichten weiterhin einzuhalten.